Notarzt und Rettungssanitäter kümmerten sich vor Ort um das 33-jährige Opfer. Es kam jedoch jede Hilfe zu spät. Foto: 7aktuell.de/Simon Adomat

Im April 2022 sollen vier Männer einen 33-Jährigen in Bad Cannstatt auf offener Straße gemeinschaftlich ermordet haben. Am zweiten Verhandlungstag schilderte ein Polizist, der als erster Beamter vor Ort war, seine Eindrücke. Nicht nur Gaffer irritieren ihn.

„Schüsse in der Neckarvorstadt“. Dieser Funkspruch erreichte an Gründonnerstag 2022 auch eine Streife in der Cannstatter Teinacher Straße. Aufgrund der unklaren Lage zogen sich die beiden Polizeibeamten zum Eigenschutz ballistische Schutzwesten an und griffen zur Maschinenpistole, ehe sie sich mit Blaulicht auf die andere Neckarseite aufmachten. Maßnahmen, die nicht notwendig gewesen wären – die Täter waren da bereits über alle Berge.

Vier Männer, alle in mehreren Ländern Europas polizeibekannt, sollen kurz zuvor in der Rosenaustraße einen 33-Jährigen gemeinschaftlich ermordet haben. Auf das Opfer wurde am helllichten Tag eingestochen und geschossen. Die Verletzungen waren so schwer, dass er noch vor Ort verstarb. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft haben die Männer, die aus Portugal in einem Mietwagen nach Bad Cannstatt angereist sein sollen, zuvor versucht, dem Mann ein Kilogramm Würfelzucker statt Kokain unterzujubeln. Es kam zum Streit, der für den 33-Jährigen tödlich endete.

Zwei Männer im Ausland in Haft

Die Tatverdächtigen gingen der Polizei in Frankreich und Portugal ins Netz. Weil einer der vier wegen eines anderen Kapitalverbrechens in einem Beneluxland in Haft sitzt und ein weiterer erst nach Prozessbeginn nach Deutschland ausgeliefert wurde, müssen sich derzeit nur zwei Männer am Landgericht Stuttgart für das Tötungsdelikt verantworten. Auch am zweiten Prozesstag haben die beiden 20-Jährigen sich nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft geäußert, dafür kam unter anderem ein Polizist, der als erster Beamter am Tatort war, zu Wort.

Erfahrene Ersthelferin

„Als wir in der Rosenaustraße eintrafen, wurden wir schon von Anwohnern empfangen und zu dem am Boden liegenden Mann gebracht“, sagte der Erste Polizeihauptmeister im Zeugenstand. Drei Ersthelfer hätten sich zu diesem Zeitpunkt bereits um ihn gekümmert. Eine Frau, die wohl als Pflegerin arbeitete und über entsprechende Erfahrung verfügte, habe mit Kompressen gegen die Wunden gedrückt. „Er hatte aber viel Blut verloren“, sagt der Hauptmeister. Zunächst habe er den Oberkörper des Mannes nach Verletzungen abgesucht. „Im Bereich der Achselhöhle hatte er eine tiefe Stichwunde.“ Außerdem habe er eine Einschusswunde im Brustbereich entdeckt. „Eine Austrittswunde war nicht zu finden.“ Wenig später seien Sanitäter eingetroffen, die den Mann in einem Rettungswagen weiterbehandelten. „Dort ist er verstorben.“

Erste Notrufe gingen bei der Integrierten Leitstelle gegen 15.30 Uhr ein, der Erste Polizeihauptmeister war bis kurz nach 18 Uhr vor Ort. Im Sitzungssaal 1 schilderte er am Donnerstag weitere Beobachtungen. Unter anderem sei ihm das Verhalten des Bruders des Opfers aufgefallen, der einer der drei Ersthelfer gewesen sei. „Zunächst wirkte er geschockt, war blass und zitterte. Im Nachgang war er mir aber zu ruhig. Es überrascht, wenn Angehörige uns keine Fragen stellen, nicht auf uns zukommen und stattdessen Desinteresse zeigen. Er war die ganze Zeit am Handy.“

Negativ seien ihm indes die vielen Schaulustigen aufgefallen. Gezählt habe er sie nicht, so der Beamte. „Geschätzt waren es aber 20 bis 30 Personen.“ Daraufhin habe man das Gebiet weiträumig abgesperrt, Trupps losgeschickt und Anwohner, die nichts gesehen hatten, in ihre Wohnungen geschickt. „Zwei Neugierige, die nicht in dem Stadtteil wohnen, haben sich so aufgespielt, dass wir ihnen mündliche Platzverweise aussprechen mussten.“