Große Trauer um die ermordete Studentin am Freiburger Dreisam-Ufer. Foto: dpa

Das Alter des Verdächtigen im Freiburger Mordfall beschäftigt die Staatsanwaltschaft. Ein Gutachten soll kären, ob er wirklich erst 17 Jahre alt ist, denn für ein Strafverfahren ist das enorm wichtig.

Freiburg - Ist der mutmaßliche Täter von der Freiburger Dreisam wirklich erst 17 Jahre alt? Diese Frage wird nicht erst diskutiert, seit Hinweise aufgetaucht sind, dass der junge Mann bereits im Jahr 2013 auf Korfu eine Studentin überfallen und fast umgebracht haben soll. Auch für die Justizbehörden habe die Frage schon kurz nach der Festnahme im Raum gestanden, bestätigt die Freiburger Staatsanwaltschaft. Schließlich macht es für ein Strafverfahren einen gewaltigen Unterschied, ob ein Angeklagter 17, 18 oder gar 22 Jahre alt ist.

Die offiziellen Papiere, die der Verdächtige bei sich trug, weisen ihn als Jugendlichen aus, der zum Tatzeitpunkt am 16. Oktober sogar erst 16 gewesen sein soll. Wie die Bundespolizei mittlerweile einräumte, beruht diese Altersangabe allerdings auf seinen eigenen Angaben. Bei der ersten Registrierung in Freiburg habe der junge Mann, der sich als Afghane ausgab und einen Antrag auf Asyl stellte, überhaupt keine Papiere vorgelegt.

Röntgen mit richterlicher Anordnung

Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile bei der Freiburger Gerichtsmedizin ein Altersgutachtens in Auftrag gegeben. „Wir haben eine richterliche Anordnung, die Röntgenaufnahmen von Hand und Schlüsselbein erlauben“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Außerhalb von Strafverfahren, also etwa bei der Erstregistrierung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind solche Methoden mittlerweile unüblich. Es solle mit „schonendsten Maßnahmen“ das Alter überprüft werden, heißt es in einem Bundesgesetz zur Unterbringung und Versorgung minderjähriger Flüchtlinge vom November 2015. In einer Handreichung des Innenministeriums an die Jugendämter vom Sommer 2016 heißt es, auf Röntgenaufnahmen solle verzichtet werden. Auch unter Ärzten ist die Altersermittlung umstritten. Der Deutsche Ärztetag stellte mehrfach klar, dass er Röntgenaufnahmen ohne ärztliche Indikation „mit Entschiedenheit“ ablehne.

Altersschätzung mit Abweichungen

Zudem ist der Erkenntniswert der Gutachten häufig geringer als erhofft. „Es gibt unterschiedliche Methoden zur Altersschätzung, die allerdings kein sicheres Ergebnis versprechen“, erklärt Professor Axel Enninger vom Stuttgarter Olgahospital. In der Regel können lediglich Altersspannen angegeben werden. Abweichungen von zwei bis drei Jahren nach unten oder oben seien üblich, heißt es in einem Papier der Vereinigung „Internationale Ärte zur Verhütung des Atomtods“. Das weiß man auch bei der Staatsanwaltschaft Freiburg. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Tatverdächtige mindestens 18 Jahre alt sei, bei 90 Prozent liege, müsse noch Jugendstrafrecht angewandt werden. Auch hier gelte: im Zweifel für den Angeklagten.