Judith Skudelny will etwas zum Landesparteitag sagen, muss sich aber auch in eigener Sache äußern – rechts neben ihr Landeschef Michael Theurer und Fraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die FDP-Generalsekretärin Judith Skudelny hat vor wenigen Tagen eine Morddrohung erhalten. Polizei und Staatsschutz ermitteln. Die Liberale gibt sich gefasst und kämpferisch. Aber leicht ist es nicht, mit der Gefährdung zu leben.

Stuttgart - Judith Skudelny will sich nicht einschüchtern lassen – auch nicht durch einen Drohbrief samt Patronenhülse, der das Wahlkreisbüro der FDP-Politikerin kurz vor Silvester erreicht hat. Deshalb sitzt sie drei Tage vor dem Landesparteitag der Südwest-FDP in einer Pressekonferenz und macht, was eine Generalsekretärin vor Parteitagen macht: Sie stellt Themen und Anträge vor, die bei der Delegiertenversammlung debattiert und entschieden werden sollen, und sie erläutert, wo Kontroversen zu erwarten sind.

Dass sie selbst sich im Ausnahmezustand befindet, ist der streitbaren Liberalen, die sich als Umwelt- und Frauenpolitikerin profiliert hat und in ihrem Zivilberuf als Anwältin auf Insolvenzrecht spezialisiert ist, nicht anzumerken. Sachlich erklärt sie auf Nachfrage, dass sie noch keine neuen Informationen zum Stand der Ermittlungen habe. Sie wisse, dass Polizei und Staatsschutz den von „RAZ“ (revolutionäre Aktionszellen) und „MIEZE“ (Militante Zelle) unterschriebenen Drohbrief ernst nähmen. Den Behörden seien die Gruppierungen bekannt; ob diese tatsächlich hinter der Drohung steckten und den Brief verfasst hätten, sei aber noch Gegenstand der Ermittlungen.

„Der Brief will Angst erzeugen, und das werde ich nicht dulden“

Skudelny zog für die FDP 2009 und 2017 in den Bundestag ein und ist seit fast fünf Jahren Generalsekretärin der Landes-FDP. „Ich glaube, dass dieses Schreiben das Hauptziel hatte, Angst zu erzeugen, und das werde ich nicht dulden“, erklärt sie nüchtern und kämpferisch zugleich. Es sei „nicht schön“, eine solche Drohung zu bekommen. Wut habe der Brief bei ihr ausgelöst und den Willen, sich nicht einschüchtern zu lassen.

Leicht ist das aber nicht. Sie selbst habe sich das exponierte Amt als Politikerin ja ausgesucht, und könne mit den Konsequenzen umgehen, betont Skudelny. Aber für die Familie der 44-jährigen FDP-Politikerin, die zwei Kinder hat, gilt das nicht. „Meine Sorgen gelten meinem unmittelbaren Umfeld“, berichtet sie denn auch und lässt erkennen, dass es gar nicht so einfach ist, mit der Gefährdung umzugehen. „Soll man sagen, haltet die Augen auf? Auch wenn ich nicht will, dass meine Kinder vor jedem Fremden Angst haben?“ Deshalb sei sie dankbar dafür, dass sie im Netz und aus der Nachbarschaft viel Unterstützung zu bekommen – über politische Differenzen hinweg. „Dass Nachbarn sagen, sie halten die Augen offen, bedeutet sehr viel“, setzt sie hinzu.

Amtsträger werden heute immer wieder bedroht

Für Landeschef Michael Theurer und den Fraktionsvorsitzenden Hans-Ulrich Rülke ist Solidarität mit der Parteifreundin eine Selbstverständlichkeit. Beide haben früher schon telefonische Morddrohungen erhalten. „Heute muss man leider damit rechnen, dass Amtsträger bedroht werden“, sagt Theurer. Auch Ärzte, Feuerwehrleute und Polizisten gerieten immer öfter ins Visier von gewaltbereiten Radikalen. „Wir sind in einer Polarisierungs- und Radikalisierungsspirale“, betont Theurer und wünscht sich eine Revitalisierung des demokratischen Streits.