Tatort Feuerbach: In diesem Haus wurde der 54-jährige Familienvater im August 2009 getötet Foto: Kraufmann

Versoffen, gewalttätig, kriminell - so hat Marion T. ihren Ehemann vor dem Landgericht beschrieben.

Stuttgart - Versoffen, gewalttätig, untreu, kriminell, arbeitsscheu - so hat Marion T. ihren Ehemann vor dem Landgericht Stuttgart beschrieben. Die neunfache Mutter ist des Mordes an ihrem Mann angeklagt. Mit auf der Anklagebank sitzen ihre Tochter und deren Freund.

Vorn im Saal 1 des Landgerichts Stuttgart berichtet Marion T. über ihre Leidenszeit. Die 46-jährige Angeklagte lässt nichts aus. Ihr Mann, der am 28. August vorigen Jahres in der ehelichen Wohnung in Feuerbach gewaltsam zu Tode gekommene Zoran T., muss ein wahres Monster gewesen sein - wenn man der Angeklagten Glauben schenkt. Die Frau aus Besigheim im Landkreis Ludwigsburg erzählt von schlimmsten Demütigungen, von Prügel, erzwungenem Beischlaf und weiteren wüsten Gemeinheiten seitens ihres Mannes.

Abstieg in die Sonderschule

Links hinter ihr sitzen ihre drei ältesten Kinder. Die zwei jungen Töchter und der Sohn treten in dem Mordprozess als Nebenkläger auf. Hinter ihnen, im Zuschauerbereich, tummelt sich der Rest der Familie T. Allesamt schulpflichtige Kinder, das jüngste ist neun Jahre alt. Während vorne ihre Mutter davon erzählt, wie sie von ihrem Ehemann vergewaltigt, betrogen und verprügelt worden sei, feixen und albern hinten die Kinder des Toten, die Kinder der Angeklagten, die Brüder und Schwestern der ebenfalls des Mordes beschuldigten 17-Jährigen.

"Ich war psychisch und körperlich von ihm abhängig, ich bin heute noch psychisch abhängig von diesem Mann", sagt Marion T., als man sie fragt, warum sie just diesen Menschen nach der Scheidung 1988 zwei Jahre später ein zweites Mal geheiratet habe. "Ich habe ihn anfangs unheimlich sehr geliebt", so die 46-Jährige.

Die resolute Frau hat es nicht gut erwischt. Ihrem Bericht zufolge wuchs sie mit zwölf Geschwistern als Tochter eines prügelnden Vaters und einer mindestens heillos überforderten Mutter auf. Weil sie mit der Mutter Zeitungen austragen musste, habe sie von der Schule nicht viel mitbekommen. Die Folge: Abstieg in die Sonderschule.

Mutter und Tochter giften sich immer wieder an

Viele Male hätten sie und ihre Geschwister die Mutter vor dem gewalttätigen Vater verstecken müssen. Eine Kindheit und Jugend, vor der es einem graust. Oft habe es ungenießbares Essen, ebenso oft gar keins gegeben. Der Kühlschrank sei abgeschlossen gewesen, die Mutter habe das spärliche Geld für zehn Katzen, mehrere Hunde, Schildkröten, Papageien und zwei Affen ausgegeben, so die Angeklagte.

1984 habe sie ihren späteren Mann Zoran in Heilbronn kennengelernt. "Wir haben ratzfatz geheiratet", sagt die Frau mit den rot gefärbten Haaren. Erst eine halbe Stunde nach der Trauung habe sie erfahren, dass der Asylbewerber Zoran "Aufenthalt brauchte". Die Ehe scheiterte, sie heiratete einen anderen Mann, ließ sich scheiden - und heiratete Zoran im September 1990 erneut. Von diesem Tag an sei sie quasi jedes Jahr schwanger gewesen, sagt sie. Drei Fehlgeburten hatte sie. Und immer wieder sei sie von ihrem Mann geschlagen und betrogen worden. Wenn er einmal nicht betrunken gewesen sei, habe er mit Kumpels Einbrüche begangen oder sich mit anderen Frauen herumgetrieben.

Mutter und Tochter giften sich immer wieder an

"Was ist denn das für ein Kindergarten hier", motzt die 17-jährige Tochter der Marion T. auf der Anklagebank. Mutter und Tochter giften sich immer wieder an. Die junge Frau, des gemeinschaftlichen Mordes an ihrem Vater beschuldigt, scheint ihre Situation nicht zu erkennen. Joachim Holzhausen, Vorsitzender Richter der 3. Strafkammer, versucht ihr den Ernst der Lage mit ruhigen Worten zu verdeutlichen.

In einer Prozesspause fetzen sich die Kinder untereinander mit Worten, die an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden können. Ein Junge aus der Familie T. droht einem unbeteiligten Zuhörer Prügel an.

Hat sich Marion T. ihres Ehemanns im Verbund mit ihrer Tochter und deren Freundes gewaltsam entledigt? Sie soll mit ihren Mitangeklagten beschlossen haben, den 54-jährigen Zoran T. zu töten. Am 28. August wurde das Opfer auf seinem Sofa erstochen. Der Anklage zufolge vom Freund der Tochter, der die 17-Jährige erst eine Woche zuvor kennengelernt hatte. Der 23-Jährige, zusätzlich der Vergewaltigung angeklagt, soll am kommenden Freitag aussagen.