Suchtrupps an den Gräbern: Die Polizei durchkämmt den Pragfriedhof Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Im Mordfall auf dem Stuttgarter Pragfriedhof sammelt die Kripo immer mehr Beweise gegen einen 29-jährigen Tatverdächtigen. Blut des 21-jährigen Opfers wurde auf seiner Kleidung nachgewiesen.

Stuttgart - Für den 29-jährigen Tatverdächtigen wird es immer schwieriger, seine Unschuld im Mordfall Lena W. auf dem Pragfriedhof zu beweisen. Am Dienstag gab die Polizei das Ergebnis einer kriminaltechnischen Untersuchung bekannt, das ihn schwer belastet: An seiner Kleidung wurden Blutspuren gefunden, die von der 21-jährigen Frau stammen, die am vergangenen Donnerstag auf dem Friedhofsareal umgebracht wurde. „Dieses Ergebnis werden wir ihm mitteilen, und dann sehen wir, ob und welche Angaben er dazu macht“, sagt Polizeisprecher Thomas Geiger. Bisher schweigt der Beschuldigte zu den Vorwürfen.

Für die Sonderkommission Nord ist der Nachweis der Blutspur ein wichtiger Baustein bei der Aufklärung des Tötungsdelikts. Die 21-jährige Lena W. war am vergangenen Donnerstag im Grabfeld 62 im nordwestlichen Teil des Pragfriedhofs zwischen Gräbern tot gefunden worden. Der Täter hatte die junge Frau offenbar in der Nacht mit massiver Gewalt umgebracht. Dabei floss viel Blut – und Partikel davon blieben an seiner Kleidung haften. Als die Polizei einen 29-jährigen Verdächtigen Stunden später festnahm, sicherten sie dessen Kleidungsstücke und ließen sie im Labor untersuchen. Ergebnis: Blutspuren, die von dem 21-jährigen Opfer stammen.

Lena W. war nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten bis Anfang August Untermieterin des gelernten Kochs und Pianisten gewesen und hatte in dessen damaliger Wohnung in Zuffenhausen eine Bleibe gefunden. Die Wege trennten sich, als das Mehrfamilienhaus an der Landenberger Straße nach einer Brandstiftung unbewohnbar wurde. Die 21-Jährige zog nach Degerloch, der 29-Jährige kam bei Verwandten im Nordbahnhofviertel unter. Offenbar hatten sie sich in der Nacht zum Donnerstag getroffen – und hielten sich wohl auch im nahen Pragfriedhof auf.

Handy wurde "ausgeschaltet oder als Beweismittel zerstört"

Am Dienstag hat die Polizei mit einer neuen Suchaktion den mutmaßlichen Weg nachzuvollziehen versucht. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das Mobiltelefon des Mordopfers, das seit der Bluttat spurlos verschwunden ist. Die Ermittler haben die Verbindungsdaten ausgewertet und festgestellt, dass das Handy in der Nacht zum Donnerstag zunächst in der Nähe im Netz eingebucht war, dann aber keine Signale mehr lieferte. „Es wurde ausgeschaltet oder womöglich als Beweismittel zerstört“, sagt Polizeisprecher Geiger.

Interessant ist dabei, dass das Mobiltelefon offenbar einige Zeit vor der Bluttat deaktiviert wurde. Wie die Ermittler auf diese Annahme kommen, wird nicht näher erläutert. Offenbar können sie die Tatzeit ziemlich genau eingrenzen – schweigen aber darüber, weil es sich dabei um Täterwissen handelt. Da der Beschuldigte weder Angaben gemacht noch ein Geständnis abgelegt hat, würde diese Information die Ermittlungsergebnisse beeinflussen. Allerdings wurde das mutmaßlich weggeworfene Mobiltelefon auch bei der neuerlichen Spurensuche am Dienstag nicht in der Umgebung des Pragfriedhofs gefunden. Dieses Rätsel bleibt vorerst ungelöst.

Ein Aufgebot der Einsatzhundertschaft hatte am Morgen damit begonnen, den Großteil des Friedhofs nach weiteren Beweismitteln abzusuchen. Dabei wurde nichts Aufregendes gefunden – ein Stofffetzen war am Vormittag die einzig bemerkenswerte Ausbeute. Um 14.30 Uhr wurde die Aktion mit der Meldung beendet: „Keine weiteren Ergebnisse.“

Auch die Mutter der 21-Jährigen hielt sich auf dem Friedhofsgelände auf, um ihrer Tochter am Tatort zu gedenken. Das Motiv der Tat kann sie sich nicht erklären, den Beschuldigten kennt sie nicht. Womöglich kommt die Kripo hier bald einen Schritt weiter. Denn 40 Beamte leisten Fleißarbeit – besser gesagt: „Die Ermittlungen“, so Polizeisprecher Geiger, „laufen auf Hochtouren.“