Nach dem brutalen Mord an seiner Nachbarin ist ein 49-Jähriger zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Wüstenrot/Hemmingen - Neun Monate nach dem brutalen Mord an seiner 69-jährigen Nachbarin hat das Heilbronner Schwurgericht am Montag einen 49-jährigen Schreiner zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen der heimtückischen und besonders grausamen Tat stellten die Richter eine besonders schwere Schuld des Angeklagten fest.

Der als Sonderling geltende Matthias F. soll der wehrlosen Rentnerin im Sommer 2009 mit mindestens neun massiven Schlägen mit einem Axtstiel das Gesicht und den Schädel zertrümmert haben. Anschließend verstümmelte der eher schmächtig wirkende Täter sein Opfer mit einem elektrischen Küchenmesser Marke Moulinex auf grausamste Art und Weise.

"Eine regelrechte Schlachtung"

Bei der Obduktion der Leiche zählten die Gerichtsmediziner acht tiefe Schnitte im Körper der in Hemmingen im Kreis Ludwigsburg lebenden Seniorin. Außerdem stellten die Pathologen fest, dass die studierte Mathematikerin Britta B. noch bis zum letzten Schnitt gelebt haben muss und erst am Blutverlust ihrer massiven Wunden starb. Der Todeskampf der Rentnerin hat offenbar bis zu zwei Stunden gedauert.

Auch deshalb sprach Richter Norbert Winkelmann in seiner fast einstündigen Urteilsbegründung am Montag von einem "besonders widerwärtigen Verbrechen". Matthias F. sei das Leiden des Opfers egal gewesen, aus Ärger und Wut habe der beim nächtlichen Einstieg in die Ferienwohnung bei Wüstenrot ertappte Schreiner "eine regelrechte Schlachtung" veranstaltet.

Besonders schwere Schuld

Die erschreckende Brutalität führte das Schwurgericht auf Demütigungen zurück, die der Einzelgänger beim Streit mit seiner eigensinnigen Nachbarin erdulden musste. Der erbitterte Kleinkrieg um Stromkosten und Gartenpflege weckte offenbar Rachegelüste, der Entschluss, die schlafende Rentnerin zu betrachten und möglicherweise auch zu berühren, endete in einem beispiellosen Blutbad. "Die Schnitte mit dem Elektromesser sollten das Opfer noch weiter erniedrigen", erklärte Richter Winkelmann.

Einen sexuellen Hintergrund der Tat sah das Schwurgericht nach den neun Verhandlungstagen nicht. Zwar hatte sich der ledig lebende 49-jährige bei der Vernehmung durch die Polizei fast schon enttäuscht gezeigt, dass sich bei ihm beim Anblick der aufgeschnittenen Leiche keine Erregung einstellte. Außerdem galt der selbst im Urlaub nur auf seinem Balkon sitzende Matthias F. in der Nachbarschaft als Spanner, der gern mal einen Blick in eine fremde Wohnung riskierte. Ein schlüssiger Beleg für sexuelle Motive aber fand sich im Prozess nicht - zumal Matthias F. sein Opfer zwar von Kot und Blut gereinigt, sich aber letztlich nicht auch noch an ihm vergangen hatte.

Besonders schwere Schuld

Weil es auch keinerlei Hinweise auf eine eingeschränkte Schuldfähigkeit des aus einem Backnanger Stadtteil stammenden 49-jährigen gab, war eine lebenslange Haftstrafe erwartet worden. Eine psychische Erkrankung liegt bei Matthias F. nach Ansicht eines Gutachters nicht vor, auch ein Alkoholpegel von vermutlich 0,5 Promille konnte bei dem Gewohnheitstrinker nicht strafmildernd wirken.

Für Spannung sorgte deshalb vor dem Urteil vor allem die Frage nach der besonders schweren Schuld: Durch den von Staatsanwalt Harald Lustig geforderten Vermerk kann Matthias F. nicht mit einer vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis rechnen. Hat ein zu lebenslanger Haft verurteilter Straftäter 15 Jahre verbüßt, darf er bei guter Sozialprognose auf einen Gnadenerlass hoffen. Die Feststellung einer besonders schweren Schuld im Urteil setzt diese Möglichkeit außer Kraft. Die Verteidigung des Schreiners hatte für ein "Urteil mit Augenmaß" plädiert - und überlegt, in Berufung zu gehen.