Am Tatort in Echterdingen legen Kolleginnen und Freunde Blumen für die am Sonntag erstochene 25 Jahre alte Frau nieder. Foto: 7aktuell/Eyb

Der Mann, der vor einem Bordell in Leinfelden-Echterdingen eine Prostituierte erstochen hat und sich danach das Leben nahm, stammte aus Bad Mergentheim. Vermutlich war die Tat das blutige Ende eines Beziehungsdramas.

Stuttgart - Der Tod einer 25 Jahre alten Prostituierten am Sonntag hat in den Kreisen ihrer Kolleginnen nicht nur Trauer ausgelöst, sondern auch Angst. Denn die Frauen haben gehört, dass der Mann ein Freier war, der vermutlich in die Prostituierte verliebt gewesen sei und nicht verstanden habe, warum sie seine Gefühle nicht erwiderte. Möglicherweise geriet er darüber bei einem Streit am Sonntag vor dem Bordell, wo sie arbeitete, so in Wut, dass er erst die 25 Jahre alte Rumänin niederstach und sich danach mit dem Messer selbst tötete. Die Polizei untersucht, ob dies der Beweggrund sein könnte.

Am Sonntagnachmittag riefen Zeugen die Polizei, als sie sahen, wie der Mann mit einem Messer vor dem Bordell an der Dieselstraße in Leinfelden-Echterdingen auf die junge Frau einstach. Sie soll kurz zuvor den Club verlassen haben, auf der Straße kam es zum Streit. Die Tat spielte sich in der Einfahrt eines etwa 100 Meter entfernten Firmengeländes ab. Die Polizei bestätigte nun, dass der Mann auf den Hals der Frau einstach. Dabei verletzte er sie so schwer, dass die Rettungskräfte wenig später nur noch ihren Tod feststellen konnten. Nach dem Angriff verletzte sich der Mann mit dem Messer selbst und starb ebenfalls am Tatort.

Polizei geht von einem Motiv im persönlichen Bereich aus.

Der Mann kam mit einem Mietwagen. Augenzeugen hatten spekuliert, dass er aus Nordrhein-Westfalen stammen könnte, weil ein Fahrzeug mit Dürener Kennzeichen am Tatort abgestellt gewesen war, das die Polizei zur Spurensicherung später abschleppte. In Düren hat ein großer Autoverleih seinen Sitz, deswegen trug das Fahrzeug das Kennzeichen. Es stand in dem Hof der Firma, vor der es zu dem Streit zwischen dem Mann und der Frau kam. Zu den Lebensumständen des Mannes macht die Polizei keine näheren Angaben. Er soll verheiratet gewesen sein.

Eines kann die Polizei wohl schon komplett ausschließen: Es sei kein Zusammenhang mit dem Rockermilieu, das Verbindungen ins Gewerbe haben soll, zu erkennen. Auch ist ein Motiv ausgeschlossen, das in irgendwelchen Rivalitäten innerhalb des Rotlichtmilieus begründet sein könnte. Das Bordell auf den Fildern hatten die Ermittlungsbehörden in den vergangenen Jahren im Visier, weil es dort Verstrickungen mit Mitgliedern der rockerähnlichen Bande United Tribuns gegeben haben soll. Ein 21-jähriger Mann wurde vergangenen Sommer verurteilt, weil er Frauen die große Liebe vorgegaukelt hatte, um sie zur Prostitution zu zwingen. Zwei dort arbeitende Frauen mussten in Haft, weil sie die Neulinge angeleitet und überwacht haben sollen.

Die meisten bieten aus Not ihre Dienste für Geld

Die Polizei ermittelt nun im Umfeld der Frau und des 28 Jahre älteren Mannes, um herauszufinden, ob die einseitige Liebe tatsächlich als Motiv in Frage kommt. Die Liebe eines Freiers ist unter Prostituierten ein bekanntes Phänomen. „Frauen berichten immer wieder davon“, sagt Sabine Constabel, die in der Stuttgarter Altstadt das Prostituierten-Café La Strada leitet. Sie habe noch nie von einer Prostituierten gehört, dass sie darüber erfreut gewesen sei. Im Gegenteil: „Es ist verletzend für die Frauen.“ Denn der Freier verkenne die Lage der Prostituierten, wenn er von Liebe rede. Die meisten würden aus Not ihre Dienste für Geld anbieten. Der Mann würde aber durch seine Interpretation so tun, als habe sie aus Liebe oder Begierde gehandelt.

In extremen Fällen, wenn die Verehrung für die Frau extrem unangenehm werde, würden manche sich an die Polizei wenden. „Wir reagieren dann mit einer Gefährderansprache“, sagt der Polizeisprecher Stephan Widmann. Dann wisse der Mann, dass die Polizei im Bilde sei – oft reiche das zur Abschreckung. Man mache den Männern dann auch klar, wann man von Nachstellung beziehungsweise Stalking und damit von einem Straftatbestand spreche. Im vorliegenden Fall habe die Polizei keine Erkenntnisse, dass sich Frauen über den Mann beschwert hätten, sagt Björn Reusch vom zuständigen Polizeipräsidium Reutlingen.

Zuletzt war in Stuttgart vor mehr als acht Jahren eine Prostituierte umgebracht worden. Der Fall der 31-jährigen Lina, die in einer Terminwohnung erstochen wurde, ist bis heute ungelöst.