Loch Ness in Schottland: britische und norwegische Forscher haben zwei Wochen lang den See mit einem ferngesteuerten Sonar-U-Boot durchkämmt. Foto: Getty

Beim Tauchen in 180 Meter Tiefe hat ein U-Boot in dem schottischen See ein erstaunliches Sonarbild gemacht. Für einen Moment hielten alle den Atem an. Genaues Hinschauen löste Gelächter aus.

Loch Ness - Einen Augenblick lang herrschte helle Aufregung in Inverness und Umgebung. Sonarforscher hatten in den Tiefen von Loch Nessdie Umrisse des Monsters entdeckt! Seit Ewigkeiten hatte man hier nach Nessie gefahndet. Nun war sie gefunden. Drunten auf 180 Meter Tiefe, mitten im See, lag das schottische Ungeheuer. Das leuchtend rote Sonarbild ließ keinen Zweifel daran.

Nur war es halt, wie sich schnell heraus stellte, nicht ganz die gute alte Nessie, die man erwartet hatte. Sondern nur eine Nachbildung – eine Filmattrappe von ihr. Der Aufregung folgte schnell landesweites Gelächter. Britische und norwegische Forscher, die mit einem ferngesteuerten Sonar-U-Boot zwei Wochen lang den See durchkämmten, waren auf das Film-Double Nessies gestoßen, das 1969 für einen Sherlock-Holmes-Film produziert wurde. Der Film hieß „Das Privatleben von Sherlock Holmes“, und Billy Wilder war sein Regisseur.

Billy Wilders drehte 1969 in Loch Ness

Wilder, bekannt von „Manche mögen’s heiß“ und anderen Hollywood-Erfolgen, war mit seinem Filmteam ans kühle Loch Ness gereist, um Holmes und Nessie in den Nebeln der schottischen Highlands Gelegenheit zu einem Rendezvous zu geben. Wally Veevers, verantwortlich für Spezialeffekte, hatte aus diesem Anlass ein neun Meter langes Nessie-Modell herstellen lassen. Das sollte Sherlock und dem Kinopublikum einen schönen Schrecken bereiten – bevor sich heraus stellen würde, dass sich ein Geheimnis anderer Art hinter ihm verbarg.

Dummerweise aber überlebte die Attrappe nicht die Dreharbeiten. Wilder machte einen Fehler. Ihm gefielen die Höcker des Monsters nicht. Als man sie auf sein Geheiß hin abnahm, geschah genau das, wovor Mitarbeiter des Filmteams gewarnt hatten. Das Nessie-Modell blubberte, sank und ward nie wieder gesehen.

Es gibt keine geheime Furche im tiefen Loch Ness

Jedenfalls nicht bis heute. Erst „Munin der Roboter“ ortete, 47 Jahre später, das abgesackte Modell. Übrigens hatte der ins Sonar-U-Boot eingelassene Roboter schon vorher eine Entdeckung gemacht, die Nessie-Fans zutiefst enttäuschen musste. Er hatte festgestellt, dass es in Loch Ness absolut keine Falte oder geheime Furche gab, in der sich das (wirkliche) Monster jemals hätte verstecken können.

Betrübt, aber ehrlich, gab die Schottische Tourismuszentrale nun zu, die Forscher hätten nachgewiesen, dass „eine Anomalie oder ein Abgrund in der betreffenden Gegend“ nicht existierten. Andererseits fand „Munin“ außer der Nessie-Attrappe das acht Meter lange Wrack eines Schiffes auf dem Grund des geheimnisumwitterten Sees.

„Gefühl des Mysteriösen und des Unbekannten“

Davor hatte man schon, über die Jahre, einen Wellington-Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg, ein hundert Jahre altes Fischerboot der „Zulu“-Klasse und John Cobbs Schnellboot „Crusader“ aus dem Jahr 1952 geortet. Im „Crusader“ suchte Cobbs damals einen neuen Geschwindigkeits-Rekord aufzustellen. Unglücklicherweise verunglückte er beim Überschreiten von 300 Stundenkilometern und fand im See den Tod.

An den Ufern von Loch Ness sucht man sich indessen über den jüngsten Rückschlag hinweg zu trösten. Zwar habe man ein Monster gefunden, aber halt leider nicht das, auf das die Leute gehofft hätten, gestand der Chef der „Operation Groundtruth“, der langjährige Nessie-Jäger Adran Shine, ein. Die Schottische Tourimuszentrale hält sich derweil an eine unumstößliche Wahrheit: „All diese Gerätschaften mögen ja super-clever sein. Und sie mögen uns alles Mögliche enthüllen. Aber was in den Tiefen von Loch Ness verborgen liegt, wird immer von einem Gefühl des Mysteriösen und des Unbekannten umflutet sein.“