Interimstrainer in Mönchengladbach: André Schubert. Foto: Getty Images

Nur langsam kommt Borussia Mönchengladbach nach der Flucht von Lucien Favre zur Besinnung. Bei der Suche nach einem neuen Trainer sind die üblichen Verdächtigen im Gespräch – und ein Außenseiter aus Stuttgart.

Mönchengladbach - Als Max Eberl am Montag aufwachte, huschten ihm düstere Gedanken durch den Kopf. Zu tief saß und sitzt der Schock über den Rücktritt von Lucien Favre am Vorabend. „Wir haben uns gefragt: Was passiert hier eigentlich?“, sagte Gladbach Sportdirektor. Dann fiel ihm ein, dass ja sein 42. Geburtstag war. Ein Grund zum Feiern – aber nicht in dieser Situation: „Ich bin sehr, sehr traurig. Sautraurig.“

Statt anzustoßen musste Eberl einen Scherbenhaufen zusammenkehren. Favre hat mit seinem abrupten Abgang, den er gegen den Willen des Vereins durchgesetzt hatte, eine verdutzte Mannschaft hinterlassen, einen düpierten Sportdirektor und Fans, die ihm trotz des sportlichen Misserfolgs mit sechs Niederlagen in sechs Pflichtspielen zu Füßen lagen. Und das zu Beginn einer englischen Woche, die Gladbach mit dem zum Interimstrainer ausgerufenen Andre Schubert an diesem Mittwoch (20 Uhr/Sky) zum FC Augsburg führt. Der 44-Jährige hat Erfahrung als Chefcoach des FC St. Pauli und des SC Paderborn und war zuletzt U-15-Trainer beim DFB, ehe er im Sommer Gladbachs U 23 übernahm. „Er hat Bock drauf“, sagte Eberl, der Antworten auf viele Fragen sucht – vor allem auf die eine: Was hat Lucien Favre bewogen, alles hinzuwerfen? „Wir alle können uns weiter nur im Fabelreich der Thesen bewegen“, sagte er.

Favre passt in kein Schema, er ist eine Mischung aus Genie und Wahnsinn, Perfektionist und Taktikfuchs – und manchmal wie ein Kind, das Zuspruch braucht. Schon zweimal konnte ihn die Borussia vom Rücktritt abhalten, jetzt nicht mehr.

Auch Kickers-Trainer Horst Steffen ist im Gespräch

„Wir hatten den perfekten Trainer für uns“, lobte Eberl den Coach, der die Borussia 2011 vor dem Abstieg bewahrt und nun in die Champions League geführt hat. „Wir können nur weitergeben, dass Lucien keine Lösung mehr gesehen hat und unzufrieden war. Was der auslösende Grund war, kann ich nicht sagen“, erklärte Eberl. Ein Rücktritt schien bis zuletzt ausgeschlossen. „Wir hatten keinen Plan B“, sagte Eberl, „und im September fallen die besten Trainer auch nicht von den Bäumen.“

Jürgen Klopp (48) hat bereits absagen lassen. So sind die üblichen Verdächtigen in der Verlosung: Thomas Schaaf (54), Mirko Slomka (48), Jos Luhukay (52) – sogar Jupp Heynckes (70) wird gehandelt. „Der neue Trainer muss seine eigene Art haben, aber ganz klar zu unserer Philosophie passen“, sagte Eberl. Was direkt zu Horst Steffen führt, den Trainer der Stuttgarter Kickers. Auch sein Name kursiert. Steffen (46) spielte von 1991 bis 1993 bei der Borussia und trainierte von 2010 bis zu seinem Wechsel im September 2013 zu den Blauen die U 19 der Fohlen. Er genießt Wertschätzung im Verein, allerdings fehlt ihm höherklassige Erfahrung. Ob ihm die Borussen-Bosse die knifflige Aufgabe zutraut, wird von Insidern bezweifelt. Kickers-Sportdirektor Michael Zeyer würde es nicht wundern, wenn Steffen auf der Liste stehen würde: „Horst verfügt über sehr viel Können. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass er ein Kandidat ist. Aber das sind Spekulationen, und wir hoffen, dass er bald den Vertrag bei uns verlängert.“ Steffen selbst sieht die Sache gelassen. „Dass mein Name kursiert, ehrt mich und spricht für die Arbeit, die bei den Kickers geleistet wird, aber es gab keinen Kontakt mit Gladbach“, sagte er gegenüber unserer Zeitung.

Favres Schritt stieß unter Kollegen auf Unverständnis. „Damit hat Lucien Favre das Problem nicht gelöst, sondern größer gemacht“, sagte Gladbach-Ikone und Ex-Bundestrainer Berti Vogts. „Er hat den Verein und seine Handlungspersonen vehement vor den Kopf gestoßen und die sportliche Führung um Max Eberl und Vorstandsmitglied Rainer Bonhof gnadenlos im Stich gelassen“, sagte Ex-VfB-Sportvorstand Fredi Bobic. Trainer Felix Magath meinte: „Der Weg, seinen Rücktritt ohne Rücksprache mit dem Verein zu verkünden, war falsch.“