Gunther Stolle zeigt seinen Entwurf. Foto: Alexandra Kratz

Im Juni 2020 geriet der Mohr im historischen Wappen Möhringens in die Kritik. Ein Ideenwettbewerb wurde ausgelobt. Wir stellen den Sieger vor.

Gunther Stolle hat schon als Kind Spaß am grafischen Gestalten gehabt. Damals habe er die Skateboards seiner Freunde und die Instrumentenkoffer des Posaunenchors bemalt und bedruckt, sagt der 51-Jährige. Später erlernte er den Beruf des Druckformen-Herstellers. Mitte der 90er-Jahre sei er der letzte Jahrgang gewesen, der die Prüfung noch „von Hand“ abgelegt habe, bevor die Digitalisierung alles veränderte. Viele Jahre war Stolle im grafischen Gewerbe tätig, bildete sich weiter, arbeitete für namhafte Werbeagenturen. Heute ist er Fahrzeugdesigner in der Stuttgarter Automobilbranche.

Eine Banderole als verbindendes Element

„Informationen mit viel Ästhetik in eine klare Bildsprache zu übersetzen, das ist der Kern meiner Profession“, sagt Gunter Stolle. Und genau darum sei es ihm auch bei seinem Entwurf für das neue Möhringer Wappen gegangen. Mit diesem hat er den von der Stadt Stuttgart ausgelobten Ideenwettbewerb gewonnen. Die Grundform eines Wappens war dabei vorgegeben. Gunther Stolles Entwurf hat in der Mitte eine angedeutete Banderole als verbindendes Element. Das Wappen spiegelt die drei Stadtteile Sonnenberg, Möhringen und Fasanenhof wider. Wobei Gunther Stolle sie in seinem Wappen von oben nach unten so angeordnet sind, wie sie auf dem Stadtplan von Nord nach Süd zu finden sind. „Damit ist keiner benachteiligt und gleichzeitig ist der Stadtteil Möhringen, der ja eine zentrale Rolle spielt, in der Mitte.

Bei der Farbgebung war dem Grafiker vor allem das Gelb wichtig, das auch im Stuttgarter Wappen zu finden ist. Die übrigen Farben mussten damit korrespondieren. Das schwierigste seien die Motive gewesen. Sein Wappen sollte etwas Positives ausstrahlen. Und was würde da für Sonnenberg besser passen als die Sonne selbst? Für Möhringen steht das charakteristische Portal des historischen Spitalhofs. Bei dem Fasan, welcher für den Stadtteil Fasanenhof steht, hat sich Gunter Stolle vom Logo des dortigen Bürgervereins inspirieren lassen. Warum er bei dem Ideenwettbewerb mitgemacht habe? „Es war die Lust am Entstehen lassen, das Gestalten als Leidenschaft, was ich schon in meiner Kindheit gespürt habe“, antwortet Gunter Stolle.

Und er möge auch die Herausforderung. „In meinem Beruf stehe ich ständig im Wettbewerb mit anderen. In diesem Fall war natürlich alles viel freier und ungezwungener, nicht so verbissen“, räumt der 51-Jährige ein. Aber dennoch habe er erst eine Stunde vor dem Abgabetermin seinen Entwurf Rahmen lassen. Nicht zuletzt sei Möhringen seine Heimat. „Da möchte man sich einbringen, und an dieser Stelle konnte ich es. Das war mir ein Bedürfnis. Ich freue mich, vor Ort etwas bewirken zu können.“

Es war ihm ein Bedürfnis, sich vor Ort einzubringen

Was den Ausgangspunkt für den Ideenwettbewerb betrifft, ist Gunther Stolle ein wenig ambivalent. Im Juni 2020 geriet der Mohr im historischen Wappen des Stadtbezirks in die Kritik. Auf der Kampagnenplattform Change.org. forderten die Unterzeichner einer Online-Petition eine Abänderung und ein klares Zeichen gegen Rassismus. Binnen zwei Tagen kamen knapp 2800 Unterschriften zusammen. Es folgten mehrere Anträge von Fraktionen aus dem Gemeinderat, die in die gleiche Richtung zielten. Gunther Stolle findet die Debatte „legitim“. Aber er habe den Eindruck, dass zu wenige dunkelhäutige Menschen einbezogen wurden. „Wir haben uns einfach eine Meinung gebildet, ohne diejenigen zu fragen, die sich hätten diskriminiert fühlen können“, findet der Möhringer. Positiv bewertet er, dass mit dem Ideenwettbewerb die Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Findung eines neuen Wappen einbezogen worden seien. „Das war eine starke Botschaft, proaktiv im Sinne einer demokratischen Gesellschaft.“

Ein Wappen für Möhringen

Altes Wappen
Das alte Möhringer Wappen wird nicht getilgt. Es kann weiter verwendet werden. Aber es soll eingebettet werden in den historischen Kontext. Das Kulturamt soll erklären und kommentieren, warum es so aussieht, wie es aussieht.

Weiteres Vorgehen
Gunther Stolles Entwurf wird nun formal und auch unter heraldischen Gesichtspunkten geprüft. Eine Entscheidung über eine Verwendung obliegt dann dem Verwaltungsausschuss des Gemeinderats. Stimmt der Ausschuss zu, wird das Layout des Entwurfs professionell überarbeitet und in den entsprechenden Dateiformaten zur Nutzung bereitgestellt.