Stützstrümpfe sind im Möhringer Freibad unerwünscht Foto: Archiv Kai Müller

Im Möhringer Freibad wurde einem Gast mit Kompressionsstrümpfen das Schwimmen untersagt – aus hygienischen Gründen.

Möhringen - Es sollte eine Wohltat sein. Wenige Wochen nach seiner Krampfadern-Operation im April stand Peter Konrad am Beckenrand des Möhringer Freibads. Seine Ärztin hatte ihm geraten, schwimmen zu gehen, sobald seine Wunde verheilt ist. Bewegung unter Wasser übt einen heilsamen Druck auf schwaches Venengewebe aus. Genau wie die Kompressionsstrumpfhose, die Konrad – seinen echten Namen will er nicht in der Zeitung lesen – noch für Wochen tragen muss.

Ein Bademeister des Möhringer Freibads störte sich ausgerechnet an dem heilsamen Stück Gummi. „Solange ich die Strumpfhose anhabe, darf ich nicht ins Wasser, hieß es“, sagt Konrad. Das medizinische Hilfsmittel auszuziehen, wäre für den Venenkranken wohl noch möglich gewesen, sagt Konrads Ärztin Gisela Dahl. „Sie wieder über der feuchten Haut ohne Hilfe anzulegen, ist dagegen fast ein Ding der Unmöglichkeit.“ Dahl ist erstaunt, dass die Bäderbetriebe der Stadt tatsächlich das Tragen solche Strumpfhosen aus hygienischen Gründen verbieten. Schließlich würden sie jeden Morgen und jeden Abend gewechselt. Noch weniger nachvollziehen kann sie eine weitere Begründung der Bäderbetriebe: Kompressionsstrümpfe würden im Wasser Hautschäden verursachen. Der doppelte Druck von Strumpfhose und Wasser sei für schwache Venen nach Angaben des Gesundheitsamtes angeblich zu viel des Guten. „Das stimmt so nicht“, sagt die Ärztin Gisela Dahl.

Müssen Träger von Stützstrümpfen Freibäder meiden?

Dahl stellt die Frage, ob Kranke in Stuttgart auch ein Freibad meiden müssen, wenn sie Kompressionsstrumpfhosen auf Dauer tragen müssen: „Was ist beispielsweise mit Menschen, die unter einem Lymphödem leiden?“ Dabei staut sich sehr oft in den Beinen die Lymphflüssigkeit und verursacht geschwollene Beine. Die Betroffenen müssen Kompressionsstrümpfe regelmäßig tragen, um den Rückstrom des Blutes zum Herzen zu erleichtern.

„Viele meiden die Freibäder ohnehin“

Anita Grube, die stellvertretende Geschäftsführerin der Bäderbetriebe, gibt zu, dass die Stadt mit ihrer Regelung so manchen Kranken ausschließen könnte. So ein Fall sei allerdings noch nie an der Bäderbetriebe herangetragen worden. „Ich werde mich informieren, wie das anderswo geregelt ist.“ Die Ärztin Gisela Dahl erstaunt es nicht, dass sich die Kranken noch nicht über das Verbot beschwert haben. „Viele gehen davon aus, dass sie nicht erwünscht sind und meiden die Bäder ohnehin.“

Das wird künftig auch Peter Konrad tun. Er muss den Gummistrumpf allerdings nur bis August tragen und darf dann wieder ins Freibad. Bis dahin will er viel Rad fahren. „Das ist auch gut für die Venen.“ Außerdem sieht dann keiner, dass Konrad eine Gummistrumpfhose trägt.