Die Rover Philipp Derichs, Pfarrer Heiko Merkelbach, Freddy Otten und Dominik Russ (von links) freuen sich auf ihre Reise nach Nordvietnam. Foto: Sabine Schwieder

Die Pfadfinder aus Möhringen bitten um Hilfe für ihren Arbeitseinsatz in einem vietnamesischen Heim. In den Sommerferien wollen die Rover dort eine Einrichtung tatkräftig unterstützen.

Möhringen - Diesmal also Vietnam: einmal im Jahr planen die Pfadfinder vom Stamm St. Hedwig in Möhringen und Sonnenberg eine größere Reise, verbunden mit einem Arbeitseinsatz. Die Rover, eine Gruppe von jungen Männern im Alter von 16 bis 21 Jahren, haben sich in diesem Jahr unter Leitung von Pfarrer Heiko Merkelbach ein Ziel in Nordvietnam ausgesucht. In den Sommerferien wollen sie vier Wochen lang das staatliche Kinderheim Social Protection Center in Cao Bang unterstützen. Um die Reise wie auch das Material für eine Sanierung des dortigen Gebäudes bezahlen zu können, sammelt die Gruppe derzeit Spenden.

Das Heim beherbergt mehr als 115 Kinder

Der Kontakt zum Kinderheim entstand über ein Gemeindemitglied, das in Nordvietnam beruflich tätig war und die Pfadfinder auf die große Armut in der Region aufmerksam machte. Nachdem die Rover im vergangenen Jahr in Palästina waren, entschieden sie sich nun für ein asiatisches Land. Geplant ist, den heruntergekommenen Jungentrakt des Social Protection Centers zu sanieren.

Das Heim nahe der chinesischen Grenze beherbergt zurzeit mehr als 115 Kinder, vor allem Waisen und Kinder aus sehr armen Familien. 47 von ihnen besuchen die Grundschule, 34 die Sekundarstufe, sechs das Gymnasium, die übrigen sind Kindergartenkinder. Aber auch 21 ältere Menschen mit psychischen Problemen leben im Center. Das Heim verfügt über 16 Mitarbeiter, die finanzielle Ausstattung reicht nur knapp für die laufenden Ausgaben des täglichen Bedarfs.

Geschick haben sie schon bei anderen Projekten bewiesen

Die Pfadfinder wollen mit Hilfe örtlicher Handwerker Türen und Fenster auswechseln, das undichte Dach sanieren und das Mauerwerk ausbessern. „Das ist keine schwierige Arbeit“, meint der 17-jährige Freddy Otten: ihr handwerkliches Geschick haben die Rover bei anderen Projekten schon bewiesen. Neun von ihnen haben sich schon für die Reise entschieden, die übrigen müssen noch um Urlaub bei ihrem Arbeitgeber bitten.

Neben der konkreten Hilfe vor Ort geht es aber auch um die Begegnung mit den Bewohnern. „Bis fünf wird gearbeitet – und dann wird Fußball gespielt“, beschreibt Pfarrer Merkelbach, wie sich die Gruppe den Aufenthalt in Cao Bang vorstellt. Sprachlich funktioniert das hauptsächlich über Englisch. „Anscheinend gibt es aber auch einige Leute, die Deutsch sprechen, weil sie in der DDR ihre Ausbildung gemacht haben“, sagt Merkelbach.

Die für die Reise notwendigen finanziellen Mittel kommen in der Hauptsache aus der Gemeinde. Die jungen Männer planen aber auch, selbst aktiv zu werden: Gegen eine Spende bieten sie an, bei Gartenarbeiten wie Heckenschneiden oder bei Umzügen zu helfen. „Da kommt meist einiges zusammen“, sagt der 18-jährige Philipp Derichs. Auch ein Benefizkonzert mit Gitarre, Bass und Gesang mit Musik von der Klassik über die Beatles bis zu Eigenkompositionen hat ihnen in der Vergangenheit zu Geld verholfen. Allerdings ist der bisherige Pianist außer Landes gezogen, was die Sache diesmal etwas schwieriger macht.

Vorbereitet fühlen sich die jungen Männer vor allem durch einen Vortrag, den ihr Kontaktmann gehalten hat. „Es muss ein sehr schönes Land sein“, sagt Derichs. Und sein Teamkollege Freddy Otten fügt leicht skeptisch hinzu: „Nur das Essen muss etwas gewöhnungsbedürftig sein.“ Frittierte Skorpione und Kakerlaken, Mehlwürmer mit Kokosraspeln, Hundefleisch, aber auch viele exotische Früchte könnten in diesen vier Wochen auf dem Speiseplan stehen.

Eine weitere Schwierigkeit könnte sein, dass während es im westlich orientierten Südvietnam größere Städte und Straßen gibt, ist der Norden eher mit Feldwegen statt Straßen ausgestattet. Ein Abstecher in die Hauptstadt Hanoi ist allerdings auch vorgesehen.

Heiko Merkelbach hält es für einen großen Vorteil, dass die jungen Männer das Land nicht so sehr als Touristen erleben, rechnet aber auch damit, dass die Gruppe ein bisschen unter Beobachtung steht: „Es ist ein kommunistisch regiertes Land. Aber wir gehen ja nicht dorthin, um zu missionieren, sondern um zu helfen“, sagt er.

Auch gilt es, sich in die fremde Kultur einzuleben. Philipp Derichs findet es zum Beispiel bedenklich, dass die Menschen, wenn etwas passiert, nicht gleich helfend eingreifen. „Sie müssen nämlich befürchten, dass sie dann zahlen müssen“, erläutert er. Merkelbach dagegen treibt eine andere Sorge um: Mädchen, die einen Europäer „abkriegen“, haben aus Sicht der vietnamesischen Familien das große Los gezogen. „Da muss ich auf meine Jungs aufpassen, dass ich sie alle unverheiratet wieder mit nach Hause bringe“, schmunzelt er.