Luftballon oder Missverständnis? Die CDU versucht, Spekulationen über einen Wortbruch beim Thema Steuererhöhungen wieder einzufangen. Die SPD sagt nichts, sie ist mit sich selbst beschäftigt.

Berlin - Kurz vor dem SPD-Konvent über eine große Koalition hat die CDU Kompromissangebote zu Steuererhöhungen dementiert. „Es gilt uneingeschränkt unser Wahlprogramm: Steuererhöhungen lehnen wir ab. Das sehr gute Wahlergebnis gibt uns ein starkes Mandat, für diese Position zu kämpfen“, erklärte Generalsekretär Hermann Gröhe.

Die CDU versuchte damit, Spekulationen über einen Bruch ihrer Wahlversprechen zu beenden. Aus der SPD waren bis Donnerstagnachmittag noch keine Forderungen nach Steuererhöhungen zu hören. Die CSU nannte es unverantwortlich, ohne Not Steuererhöhungen vorherzusagen.

Bei den Sozialdemokraten ist vor dem Konvent an diesem Freitag offen, ob es zu Koalitionsverhandlungen mit der Union kommen wird. „Oberste Prämisse ist es, die Partei zusammenzuhalten“, hieß es in der SPD-Zentrale, dem Willy-Brandt-Haus, mit Blick auf das Treffen von rund 200 Delegierten in Berlin.

Parteichef Sigmar Gabriel will einen Vorschlag unterbreiten, wie die SPD mit der schwierigen Lage nach der Bundestagswahl umgehen soll. Nach Sondierungsgesprächen könnte ein weiterer Konvent über die Aufnahme konkreter Verhandlungen mit der Union abstimmen. Mehrere Landesverbände machen sich für einen Entscheid aller rund 470 000 Mitglieder über einen möglichen Koalitionsvertrag stark.

Bisher gab es ein solches Mitgliedervotum über eine große Koalition nur 1995 in Bremen, mit positivem Ausgang. Eine solche Mitgliederabstimmung muss laut Satzung binnen drei Monaten abgehalten werden. In der SPD wird betont, ein Entscheid sei auch in einem Monat machbar.

Je nach Verlauf des Konvents könnte es also in der kommenden Woche noch nicht zu Gesprächen mit der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kommen. Unklar ist zudem, ob die SPD bereits an diesem Freitag konkrete Vorbedingungen für solche Gespräche formulieren wird. „Wir müssen das Maximum auf den Tisch legen, Mindestlohn und Abschaffung Betreuungsgeld reichen da nicht“, sagte Baden-Württembergs Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) der Nachrichtenagentur dpa.

Vor allem Nordrhein-Westfalens einflussreiche SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gilt bisher als Gegnerin einer großen Koalition. Die SPD-regierten Länder befürchten, finanzielle Zugeständnisse machen zu müssen. Zudem sorgen sie sich um das Abschneiden der SPD bei den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014.

Gröhe nannte einen Bericht der „Bild“-Zeitung falsch, wonach er unter anderem in einem Gespräch mit Vertretern des CDU-Wirtschaftsflügels ausdrücklich einen höheren Spitzensteuersatz ins Spiel gebracht habe. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der dpa, Grundlage aller Gespräche bleibe das Wahlprogramm. „Dort sind Steuererhöhungen aus gutem Grund ausgeschlossen.“ Er ergänzte: „Es gibt überhaupt keinen Grund, bevor Koalitionsverhandlungen begonnen haben, eigene Positionen zu räumen.“

Die CSU ist dagegen, ohne Not eine Debatte über Steuererhöhungen zu führen

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte: „Wir haben den Bürgern - und die Bundeskanzlerin persönlich - versprochen, dies nicht zu tun. Und es ist auch nicht nötig.“ Im ARD-„Morgenmagazin“ räumte er allerdings ein: „Natürlich werden wir in einer Koalitionsvereinbarung Kompromisse machen müssen.“ Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauck, warnte in der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag) vor Steuererhöhungen. „Die deutschen Wähler haben ein Elefantengedächtnis, wenn es um Steuerfragen geht“, sagte er unter Verweis auf die Steuersenkungsankündigungen der FDP 2009.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), plädierte in der „Rheinischen Post“ dagegen für eine moderate Anhebung des Spitzensteuersatzes für Besserverdienende. Mit den Mehreinnahmen sollten Entlastungen für kleinere Einkommen gegenfinanziert werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte auf die Frage nach Steuererhöhungen in einer künftigen Koalition der „Zeit“ gesagt: „Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen.“

Die CSU ist dagegen, ohne Not eine Debatte über Steuererhöhungen zu führen. In der Landtagsfraktion sagte CSU-Chef Horst Seehofer laut Teilnehmern, es sei „unverantwortlich“, wenn jetzt - noch vor Beginn von Koalitionsverhandlungen - Steuererhöhungen vorausgesagt würden. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte: „Mit der CSU gibt es keine Steuererhöhungen.“ Ähnliche Kritik kam aus der Wirtschaft.

Bei den Grünen, dem zweiten potenziellen Koalitionspartner der Union, ging die personelle Neuausrichtung weiter. Die ehemalige saarländische Umweltministerin Simone Peter (47) will Parteichefin werden. Sie könnte auf einem Parteitag im November der langjährigen Vorsitzenden Claudia Roth nachfolgen. Peter war in der saarländischen Jamaika-Koalition 2009 bis 2012 Umweltministerin. Parteichef Cem Özdemir hat angekündigt, sich erneut um das Amt bewerben zu wollen. Für die Doppelspitze der Bundestagsfraktion bewerben sich Katrin Göring-Eckardt, Kerstin Andreae und Anton Hofreiter. Damit dürfte es zu einer Kampfkandidatur kommen.