In naher Zukunft könnte sich das VVS-Gebiet vergrößern. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Im Kreis Göppingen galten die VVS-Fahrscheine bisher nur für den Schienenverkehr bis Geislingen. Jetzt könnten alle Busse und Bahnen in den Verbund eingebunden werden. Ein Vorschlag für die Vollintegration liegt auf dem Tisch. Wie reagiert der Kreis?

Stuttgart - Ein Jahr lang haben die Landräte aus Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Waiblingen und der Stuttgarter OB Fritz Kuhn mit dem Göppinger Amtskollegen Edgar Wolff verhandelt: Jetzt liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, wie der Kreis Göppingen vollständig in den Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) eingebunden werden könnte. Ob es dazu kommt, wird im kommenden Jahr der Kreistag in Göppingen entscheiden. Danach müssen auch die Regionalversammlung und die Gremien der Stadt und der anderen Kreise zustimmen.

In der Region Stuttgart gab es von Anfang an eine Besonderheit. Zwar ist der Kreis Göppingen Teil des Verbands Region Stuttgart als politischer Dachorganisation, im VVS war der Kreis aber nicht vertreten, da er nicht direkt an die Stadt Stuttgart grenzt. Deshalb musste er sich auch nicht an der regionalen Verkehrsumlage und anderen Finanzierungsinstrumenten des ÖPNV beteiligen – anders als die Stadt Stuttgart und die Kreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr. Im Jahr 2014 erfolgte dann die Teilintegration des Kreises Göppingen in den VVS, mit dessen Fahrscheinen seither auf der Schiene bis Geislingen gefahren werden kann. Der nächste Schritt wäre die Vollintegration, in der alle öffentlichen Verkehre im Kreis in den VVS eingebunden würden. Das war bisher immer an den finanziellen Folgen gescheitert, denn der Kreis Göppingen hätte dann wie die anderen vier Kreise die regionalen Verkehrsumlage mitfinanzieren müssen. Sie betrug in den vergangenen Jahren bis zu 68 Millionen Euro, im Etat 2018 ist sie mit 52 Millionen veranschlagt.

Spitzengespräch bringt Vorschlag

Noch Mitte Juli hatte der Göppinger Landrat Edgar Wolff in einem Brief an die Partner, der dieser Zeitung vorliegt, vor einem Scheitern der Verhandlungen zur Vollintegration gewarnt. „Ich muss – offen gesprochen – davon ausgehen, dass sich die Frage des Beitritts im Landkreis Göppingen in der Abwägung der Kosten, der künftigen Risiken und des konkreten Nutzens derzeit nur sehr schwer positiv beantworten lässt“, heißt es darin. Deshalb bitte der Kreistag „alle Partner im VVS dringend, die Tür nicht zu schließen“. In einer „großen Runde“ solle nochmals darüber beraten werden, so der Vorschlag Wolffs.

Offenbar hat dieses Spitzengespräch den gewünschten Erfolg gebracht, den nun gibt es einen Vorschlag. Dabei ist man sich bei zwei ÖPNV-Finanzierungssystemen einig – dem Verkehrs- und dem Verbundlastenausgleich, die die Kreise an die Stadt Stuttgart zahlen. Weitaus komplizierter ist es bei der Verkehrsumlage des Verbands Region Stuttgart, die nach einem Einwohnerschlüssel berechnet wird. Das war dem Kreis Göppingen zu viel, da er kein direkter Anlieger sei und damit weniger verkehrliche Vorteile habe als die Kreise, die direkt an Stuttgart grenzen. Nun soll die Einwohnerzahl nur mit 60 Prozent gewichtet werden, was für den Kreis Göppingen eine Entlastung von einer Million Euro bedeuten würde. Dennoch, so eine interne Berechnung, die dieser Zeitung vorliegt, müsste der Kreis im kommenden Jahr rund sechs Millionen Euro in die Umlage einzahlen. Allerdings würde die Region dann auch die Metropolexpresszüge bezahlen, die künftig im Halbstundentakt nach Stuttgart fahren. Eine Anbindung des Kreises Göppingen ans S-Bahnnetz mit einer Verlängerung der S 1 bis Geislingen wird sei 2015 nicht mehr weiterverfolgt, weil die Metropolexpress-Lösung sich in mehreren Machbarkeitsstudien als besser herausgestellt hatte.

Landrat: sehr kooperative Gespräche

Mit einer Bewertung des aktuellen Vorschlags hält sich Wolff zurzeit noch zurück. Der Landrat lobt die VVS-Gesellschafter für ihr Entgegenkommen und die„sehr kooperativen Gespräche“. Nun stehe im Kreis Göppingen eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse an. Man müsse die Chancen für den Nahverkehr und die Risiken durch die Kosten sehr genau abwägen, sagte Wolff.

Der Landrat hofft, noch im Dezember eine Diskussionsveranstaltung auf die Beine stellen zu können, bei der unterschiedlichste Gruppen über die verschiedenen Aspekte der Integration informieren, beispielsweise die IHK, die sich schon seit langem für einen Anschluss des Kreises stark macht. Im neuen Jahr soll das Thema dann so schnell wie möglich im Kreistag beraten werden. Wolff hofft, dass sich der Kreis im Februar positioniert haben wird. Die Kreistags-Fraktionen halten sich mit Stellungnahmen bisher noch zurück. Wie beispielsweise der Fraktionsvorsitzende der CDU, Wolfgang Rapp, sagte, müsse man das Thema zunächst ausführlich innerhalb der Fraktion besprechen.