Die 55 Meter lange Trockenmauer in Backnang-Oberschöntal soll Lebensräume für Reptilien und Insekten bieten. Foto: Gottfried Stoppel

In Oberschöntal hat der Umweltminister Franz Untersteller ein Modellprojekt für einen landesweiten Biotopverbund gestartet. Die erste Maßnahme ist eine Trockenmauer.

Backnang - Rund 48 000 Tier-, 9500 Pflanzen- und 14 400 Pilzarten sind in Deutschland beheimatet. Doch laut dem jüngsten Report des Bundesamts für Naturschutz (BfN) aus dem Jahr 2015 ist jede dritte Art gefährdet. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr Biotope, die Lebensraum für Tiere und Pflanzen sind, durch Bebauung, Landnutzung oder die Zerschneidung der Landschaft zu Gunsten von Verkehrswegen verloren gehen. Neben dem reinen Verlust von Flächen ist problematisch, dass einzelne Biotope isoliert werden und ein Austausch von Flora und Fauna erschwert oder unmöglich wird.

Ein Lebensraum für Reptilien und Insekten

Die Landesregierung hat sich laut Franz Untersteller nicht nur auf die Fahnen geschrieben, mehr „grüne Infrastruktur“ zu schaffen, sondern diese auch besser zu vernetzen. In der Backnanger Ortschaft Oberschöntal hat der Umweltminister am Montag die Fertigstellung einer konkreten Einzelmaßnahme präsentiert, die beispielgebend für weitere sein soll: eine rund 55 Meter lange Trockenmauer, die Reptilien und Insekten einen Lebensraum bieten soll. Das Beispiel zeige, so Untersteller, dass ein Biotopverbund nicht unbedingt große und spektakuläre Maßnahmen erfordere, sich einzelne aber in der Summe als strukturiertes Netz zu einem wertvollen Großen und Ganzen zusammenfügen könnten. Der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper bezeichnete die jetzt fertiggestellte Trockenmauer als eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Maßnahme: „Mit wenig Geld erreichen wir viel für Natur und Landschaft.“

Rund 40 000 Euro wurden laut Stefan Klett und Edith Reihle, die das Projekt im städtischen Planungsamt koordinieren, überschlägig investiert – inklusive Rodungsmaßnahmen im Umfeld des Standorts. Von der ersten Begehung der Örtlichkeit bis zur Fertigstellung der Maßnahme seien nur rund sechs Wochen vergangen.

Backnang ist eine von insgesamt vier Modellkommunen, die bei der Umsetzung eines lokalen Biotopverbunds vom Land über zwei Jahre hinweg besonders unterstützt werden sollen. Federführend für das Gesamtprojekt ist die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW).

Gegen Verlust der Vielfalt

Alle Städte und Gemeinden seien dazu aufgerufen, sich an den Modellkommunen ein Beispiel zu nehmen und sich mit eigenen Maßnahmen an dem landesweiten Biotopverbund zu beteiligen, betonte der Minister. Das Ziel sei, den genetischen Austausch der Tier- und Pflanzenarten zu fördern und einem Verlust an biologischer Vielfalt entgegen zu wirken. Neben einem Beitrag für die Allgemeinheit könnten die Kommunen aber auch selbst direkt von den Maßnahmen profitieren, indem sie sich diese als Ausgleichsmaßnahmen auf ihrem Ökokonto gutschreiben ließen.

Das Projekt Biotopverbund

Begriff
Der Biotopverbund ist die Vernetzung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen. Diese ist wichtig, um ökologische Wechselbeziehungen möglich zu machen und so die biologische Artenvielfalt zu erhalten.

Grundlage
Bereits seit dem Jahr 2001 ist der Biotopverbund im Bundesnaturschutzgesetz verankert. Die Vorgabe lautet, einen solchen auf mindestens zehn Prozent der Landesfläche zu realisieren. Ergänzend zu dem Bundesnaturschutzgesetz hat das Land Baden-Württemberg im vergangenen Jahr eine verbindliche landesweite Fachplanung für einen Biotopverbund in das Landesnaturschutzgesetz aufgenommen.

Modellprojekt
Als Modellkommunen, die beim Aufbau eines Biotopverbunds vom Land Beden-Württemberg besonders unterstützt werden, sind unter 30 Bewerbern neben Backnang die Gemeinden Albstadt (Zollernalbkreis), Bischweiler-Kuppenheim (Landkreis Rastatt) und Singen (Landkreis Konstanz) ausgewählt worden