Die Eisenbahn fasziniert – vor allem kleine und große Männer. Foto: Gottfried Stoppel

Selbst eine entgleiste Lok ist kein Problem – mit zwei Handgriffen ist alles wieder im Lot auf den Anlagen des Modelleisenbahnclubs Waiblingen. Der Verein stellt an diesem Wochenende in Kleinaspach aus, zum Beispiel ein Modell des Waiblinger Bahnhofsareals und der Rhätischen Bahn in Graubünden.

Aspach - „Da hinten ist ein Zug entgleist!“ Marco Ullrich bleibt gelassen und folgt dem Hinweisgeber an die Unfallstelle. Mit zwei Handgriffen stellt der 40-Jährige die Lok des verunglückten Güterzugs wieder aufs Gleis, rückt den zweiten Unfallbeteiligten, einen roten Regionalexpress, zurecht – und weiter geht die Fahrt in Richtung Bahnhof Waiblingen. In der Welt im Maßstab 1:87 lässt sich eben so manches schneller und unkomplizierter regeln, als im wahren Leben.

Wobei die Mitglieder des Modelleisenbahnclubs (MEC) Waiblingen durchaus Wert auf eine realistische Darstellung legen: Für ihre Ausstellung, die an diesem Wochenende in Aspach zu sehen ist, haben sie unter anderem eine detailgetreue Nachbildung des Waiblinger Bahnhofs und seiner Umgebung zur Zeit der 1980er-Jahre in einen 7,5-Tonner-Lastwagen verladen und in die Hardtwaldhalle nach Kleinaspach transportiert.

Zu sehen ist der längst abgerissene Bahnhof Waiblingen

Dass der Verein ein Modell des alten, längst abgerissenen Waiblinger Bahnhofs hat, ist Lothar Krieger zu verdanken. Er hat 1972 den MEC mitbegründet und die Planungen im Zuge der S-Bahn-Einführung mitverfolgt. Als die Vereinsmitglieder erfuhren, dass das alte Bahnhofsgebäude weichen muss, war für sie klar, dass sie dieses zumindest im Kleinformat erhalten, sprich: nachbauen wollen.

Ein Fall für Lothar Krieger, der schon als Schulkind damit begonnen hatte, Gebäude in Miniaturgröße zu erstellen. Nun eben auch den alten Bahnhof. „Dann hatten wir also das Gebäude, aber sonst nichts“, erinnert sich Lothar Krieger.

So kam eins zum anderen und der Modelleisenbahnclub zu seiner umfangreichen Anlage, die trotz vieler Jahre Arbeit immer noch nicht vollendet ist. Weshalb sich Lothar Krieger, inzwischen 82 Jahre alt, des Öfteren in der Waiblinger Altstadt herumtreibt und bisweilen das Misstrauen der Anwohner weckt, denn: „Ich schleiche um die Häuser und fotografiere sie.“ All das dient nur dem Zweck, die Größenverhältnisse der Gebäude zu erfassen, die Lothar Krieger dann zuhause in seiner Werkstatt in Holz und Gips nachbaut.

Der Marktplatz Waiblingen als Klappversion

Die Remspartie am Bädertörle samt Wehrgang und Karzer ist schon vollendet, das Beinsteiner Tor steht in voller Pracht parat. „Den Marktplatz will ich auf jeden Fall noch komplett machen“, sagt Lothar Krieger – und zwar in einer Klappversion, die so ausgeführt ist, dass auf dem Platz wahlweise der Wochenmarkt oder das Altstadtfest zu sehen ist. Der Hochwachtturm steht auch noch auf der To-do-Liste, ebenso die verwinkelten Gassen und Hinterhöfe drumherum.

„Ich bin eher ein Spieler“, sagt Rainer Fohler, der Vereinsvorstand des Modelleisenbahnclubs. Rangieren, abkuppeln, hin- und herfahren – das sei sein Ding. Genau das tut er auch, zur Freude der größtenteils männlichen, kleinen und großen Besucher in der Hardtwaldhalle. Und zwar auf der ebenfalls ausgestellten Anlage Kottenforst, die nach einem pittoresken Bahnhofsgebäude in der Nähe von Bonn benannt ist. Auf einem Monitor ist das Gleisbild der Anlage zu sehen, farbig markierte Stellen zeigen, wo welcher Zug gerade fährt oder steht. „Heutzutage läuft das meiste digital“, sagt Rainer Fohler, „das hat den Vorteil, dass man nebenher schwätzen kann – das wäre früher nicht gegangen.“ Oder böse ins Auge gegangen.

Männerdomäne Modelleisenbahn

Seit dem Abriss des Lokschuppens am Waiblinger Bahnhof vor rund acht Jahren residiert der MEC Waiblingen in einer Lagerhalle in Korb. Weil dort kein Publikumsverkehr möglich ist, geht der Verein regelmäßig mit seinen Ausstellungsstücken auf Tour und unterstützt andere Modellbahnvereine. Die meisten sind Männerdomänen, so wie der MEC Waiblingen. „Die weiblichen Mitglieder fehlen“, bedauert Rainer Fohler, der sagt, Frauen hätten einen Blick für Details. Lothar Krieger bestätigt das: „Frauen sehen, wenn irgendwo ein Vogelnest auf einem Baum ist. Männer gucken, was sich bewegt. Und wenn sich nichts bewegen würde, würden sie wohl gar nicht kommen.“

Wo man die Anlagen sehen kann

An diesem Sonntag, 19. Januar, stellt der MEC Waiblingen nochmals zwischen 10 und 17 Uhr in der Hardtwaldhalle Kleinaspach, Rielingshäuser Straße 26, seine Stücke aus. Zu Gast sind außerdem die Modelleisenbahnfreunde Keltern und der Jugend-Modellbahn-Club Remshalden.

Auch die Modellbahner Backnang laden auf den 26. Januar sowie den 2. Februar zwischen 10 und 16 Uhr zu Vorführterminen ein, zu finden sind die Vereinsräume in der Tübinger Straße 25 in Backnang-Heiningen.