Solche Hinweise findet momentan man immer seltener. Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Die Caritas akquiriert und vermittelt leer stehende Wohnungen an Menschen, die auf dem freien Markt nahezu chancenlos sind. In Steinheim sieht man darin viel Potenzial.

Wenn das geplante Neubaugebiet Scheibenäcker in Kleinbottwar einmal voll aufgesiedelt ist, sollen dort rund 330 Frauen, Kinder und Männer ein Zuhause finden. Das hat allerdings seinen Preis. Rund sieben Hektar Land müssen dafür geopfert werden. Vollkommen ohne Versiegelung von Flächen hat indes die Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz in den vergangenen drei Jahren frischen Wohnraum für fast 200 Menschen geschaffen. Möglich machte dies das Programm Türöffner, über das leer stehende Wohnungen akquiriert und vermittelt werden.

Stadt spendet Geld

Einbringen wird sich bei dem Projekt mit rund 10 000 Euro nun auch die Stadt Steinheim, wie der Kultur-, Sport- und Sozialausschuss einmütig beschlossen hat. Die Kommune spendet das Geld, um die Arbeit der Caritas zu unterstützen. Städte und Gemeinden können sich aber auch über andere Modelle beteiligen. In Murr hat man sich dafür entschieden, eine Art Provision von 2500 Euro an die Caritas zu überweisen, wenn es dieser gelingt, einen Murrer in einer Murrer Wohnung unterzubringen. Wobei man auch in Steinheim hofft, über die Zahlung des Pauschalbetrags direkt zu profitieren. Denn der Sozialverband vermittelt die Immobilien an Menschen, die auf dem freien Markt schlechte bis gar keine Chance haben und somit ohnehin von der Kommune aufgefangen werden müssten. Als da wären: Geflüchtete, Personen aus prekären Verhältnissen oder mit einer Behinderung.

Mehr als 4000 Quadratmeter Wohnraum erschlossen

Die Caritas agiert mit dem Modell im Raum Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis. Sie hat im Laufe der Zeit insgesamt 66 Wohnungen aus dem Dornröschenschlaf geholt und eine Wohnfläche von mehr als 4000 Quadratmetern erschlossen, sagte Ellen Eichhorn-Wenz von der Stabstelle Strategische Projekte des Verbands vor den Gemeinderäten. Die Organisation mit katholischen Wurzeln mietet dabei die Immobilien an und untervermietet sie dann. Dafür bekommt sie zehn Prozent der Pacht. „Das ist unsere Sicherheit und Risikorücklage“, erklärte Eichhorn-Wenz. Denn die Caritas kümmert sich beispielsweise um etwaige Schäden, die ihre Klientel verursacht hat. Auch sonst sind die Mitarbeiter quasi Mädchen für alles. Sie betreuen die Mieter, schauen, welcher Interessent überhaupt zu welcher Wohnung passt, und sie erledigen auf Wunsch für den Vermieter sogar leidigen Papierkram wie die Nebenkostenabrechnung. Vor allem aber garantiert der Verband, dass die Miete immer pünktlich auf dem Konto der Eigentümer eingeht.

Direktes Mietverhältnis ist auch denkbar

Denkbar ist auch, dass der Mieter direkt beim Besitzer unterschreibt. In der Konstellation entfällt der Zehn-Prozent-Anteil für die Caritas, die aber dennoch als Ansprechpartner fungiert, die Pacht aushandelt und die Vermarktung übernehmen kann.

Immobilien sollen in sicheren Händen sein

Die leer stehenden Wohnungen seien meist im Besitz von Frauen und Männern, die in finanzieller Hinsicht auf eine Vermietung nicht angewiesen seien und davor aus diversen Gründen zurückschreckten, erläuterte Eichhorn-Wenz. Sie hätten Bedenken oder ein gewisses Misstrauen, vielleicht auch schon schlechte Erfahrung mit Mietern gemacht. Gegenüber der Caritas öffneten sich dann einige von ihnen. „Sie sagen: Ihr macht ein gutes Angebot und eine gute Arbeit, Euch vermiete ich meine Immobilie“, sagte sie. „Was sie letztendlich eint: Alle möchten ihre Immobilie in sicheren Händen wissen“, fügte sie hinzu.

Über Mundpropaganda zu den Wohnungen

Bevor allerdings überhaupt Kontakt mit einem Eigentümer aufgenommen werden kann, müssen die Caritas-Leute natürlich wissen, wo Wohnraum brachliegt. Hier setze man auf Schlüsselpersonen in den Gemeinden, also Erzieherinnen, Stadträte oder Vereinsvorsitzende, die eine Menge Leute kennen und potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten auf das Programm hinweisen können, sagte Eichhorn-Wenz. „Gleichzeitig ist unsere Öffentlichkeitsarbeit vielschichtig“, ergänzte sie. Darüber hinaus zahle sich die klassische Mundpropaganda aus. Wer gute Erfahrungen mit dem Modell gemachte habe, erzähle es oftmals weiter, erklärte die Frau von der Caritas.

In den vergangenen Wochen hat sich das Potenzial gezeigt

Ellen Eichhorn-Wenz ist wie auch der Steinheimer Bürgermeister Thomas Winterhalter überzeugt davon, dass in dem Ansatz noch reichlich Potenzial schlummert. Das habe sich in den vergangenen Wochen gezeigt, als von privater Seite vielen Geflüchteten aus der Ukraine ein Dach über dem Kopf angeboten wurde. Inwieweit das Ganze tatsächlich vor Ort Früchte trägt, möchte die Stadt bis zum nächsten Haushaltsjahr abklopfen. „Aber ich glaube, jeder Wohnraum, der aus der Obdachlosigkeit wieder in die Selbstständigkeit hinein vermittelt wird, ist jeden Euro wert“, sagte Winterhalter.

Spitzenreiter rührt die Werbetrommel

Engagierte Kirche
Für das Projekt Türöffner hat die Caritas rund 60 Wohnungen im Landkreis Ludwigsburg angemietet, in denen rund 165 Personen leben. Die Immobilien befinden sich unter anderem in Marbach, Murr und Mundelsheim. Spitzenreiter ist aber Kornwestheim, wo gleich 14 leer stehenden Wohnungen akquiriert werden konnten. „Die Kirche ist dort total engagiert und wirbt für uns“, sagt Ellen Eichhorn-Wenz von der Caritas. Außerdem laufe in der Salamanderstadt viel über Mundpropaganda.

Unterstützung
erhält die Organisation für das Programm im Landkreis von Ludwigsburg, Freiberg, Murr, Ditzingen, Gerlingen und nun auch Steinheim. Die meisten Städte zahlen laut Eichhorn-Wenz eine Provision, wenn die Caritas einem Bürger aus der jeweiligen Kommune eine Wohnung vermittelt.