Mode- und Beauty-Marken setzen bei der Werbung immer mehr auf Videoclips. Eine Stuttgarter Firma profitiert davon und gewährt einen Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik.

Stuttgart - Wer ist Giorgio Armani? Google, die Suchmaschine im Internet, spuckt unter anderem diese Antwort aus: „Armani gilt als einer der größten Modemacher des 20. Jahrhunderts.“ Jüngere Menschen würden jedoch ihr Informationsbedürfnis wahrscheinlich nicht per Suchmaschine stillen. Stattdessen geben sie Armani lieber gleich bei You Tube ein. Dort sind in gut verdaulichen Film-Häppchen die neue Kollektion oder eine kurze Dokumentation zu sehen.

Christian Jakubetz, Profi für Neue und digitale Medien, bestätigt: „Viele Jüngere bevorzugen das Bewegtbild. Sie gehen gleich auf You Tube, wenn die was suchen.“

Das sogenannte Bewegtbild, vulgo Video, gewinnt mit dem Siegeszug der Smartphones und Tablet-Computer immer mehr an Bedeutung in den Medien. Und in der Werbung. Davon profitiert auch die Stuttgarter Produktionsgesellschaft Schokolade-TV von Anja Raiser. Ihre Firma beschäftigt inzwischen 30 Mitarbeiter – 15 in Berlin und 15 in Stuttgart. Anja Raisers Geschäft sind Emotionen. Schokolade-TV ist eine Traumfabrik in der Calwerstraße. Klein-Hollywood liegt mitten in der Stadt.

Auch Breuninger gehört zum Kundenstamm

Dort produziert sie seit 15 Jahren für Firmen wie Adidas, Festo oder Breuninger. Doch seit einiger Zeit bekommt sie immer mehr Aufträge aus dem Modebereich: „Fashion und Beauty machen inzwischen 30 Prozent bei uns aus.“ Die Firmen wissen, über das bewegte Bild lassen sich die Marken-Botschaften leichter vermitteln: „Über das Video transportiert man heutzutage Image. Keine Firma kann es sich mehr leisten, ohne Film dazustehen.“ Raiser weiß: „Wenn sich etwas bewegt, schaut man automatisch drauf.“

Allerdings warnt sie vor Schnellschüssen: „Wenn man sein Image richtig in Szene setzen will, darf man keine billigen Schnellschüsse machen.“ Soll heißen: Wer wirklich Emotionen wecken will, sollte gerade im Modebereich wissen, wie es geht. Dramaturgie, Musikauswahl, das Licht-Design, der richtige Schnitt, das passende Modell und ein perfektes Make-up sind die Bausteine für einen guten Film.

Regisseure werden gescoutet

Und über allem steht natürlich der zum Projekt passende Regisseur. Ihn zu finden ist der Job von Regie-Scout Philip Huber. Er grast für jeden neuen Auftrag den Markt ab, um den Richtigen zu finden. „Schließlich soll jeder Film eine kleine Geschichte erzählen“, sagt Huber, „daher braucht man besonders in diesem Bereich gute Leute.“ Die Technik sei wichtig, weiß Huber, aber am Ende spiele sie eine untergeordnete Rolle: „Wichtig ist derjenige, der die Kamera bedient und lenkt.“

Gucci legt siebenstellige Summen für Videos an

Qualität der einzelnen Beteiligten und deren Erfahrung machen es aus, ob ein Film am Ende die Herzen der Zuschauer anspricht. „Deshalb kann man den Job auch nicht direkt machen, wenn man als Absolvent von der Hochschule für Medien oder Filmakademie kommt“, sagt Anja Raiser. Wer bei ihr anfängt, nennt sich ein paar Jahre lang Produktionsassistent. Er macht womöglich eine kleine Standard-Produktion, deren Preis bei etwa 10.000 Euro liegt. „Ein großer Auftrag kann schon mal 500 000 Euro und mehr kosten“, sagt Philip Huber. Allerdings gibt es für die Großen im Modegeschäft offenbar keine Grenzen. „Es gibt Spots von Gucci, die gehen in den siebenstelligen Bereich“, sagt Huber.

Ein Beispiel ist auf You Tube zu sehen. 44 Sekunden Werbeclip (http://youtu.be/cN7gcNXhf8k) für das Duftwasser Bamboo muten wie ein kleiner Spielfilm an: Rasant geschnittene Sequenzen aus Tango, Erotik, Luxus, unterlegt mit dramatischen Streichersequenzen, sollen den Kaufimpuls auslösen.

Das Video wurde über zwei Millionen Mal aufgerufen. Zwei Millionen Träume – nur auf dem Video-Kanal You Tube. Bei einem Treffer bei Google hätte man stattdessen Folgendes gelesen: „Gucci Bamboo ehrt ein historisches Wahrzeichen des Modehauses – und entspricht doch Alessandro Micheles neuer Vision von Schönheit.“

Anja Raiser würde zu diesem Vergleich wohl sagen: „Bewegtbild ist gegenüber anderen Medien wie eine Entscheidung Herz über Kopf.“