Das Dior-Kleid von 1955 ist eines von Christian Bräus Lieblingsstücken. Foto: Kathrin Wesely

Der Modesammler Christian Bräu beherbergt in seiner Wohnung eine Art Mini-Paradies der Damen. Am Samstag präsentiert er einige Stücke im Antiquariat Metropolis im Westen.

S-West - In seinem Appartement hat Christian Bräu eine Art Mini-Paradies der Damen geschaffen. Bloß, dass die gravitätischen Roben, die exaltierten Kostüme, Abendkleider von unverhohlener Erotik und Mäntel von berückendem Understatement kaum je eine Frau zu Gesicht bekommt, geschweige denn von einer getragen wird. Christian Bräu sammelt historische Designermode und Haute Couture bloß fürs private Plaisir. Nur selten gewährt der 39-Jährige Einblicke in seine etwa 200 Kleidungsstücke umfassende Kollektion – beispielsweise am morgigen Samstag. Einige seiner Stücke aus den 1920er und 1930er Jahren werden von 11 bis 18 Uhr bei „Metropolis“ gezeigt, einem Antiquitätengeschäft an der Reinsburgstraße 51B, das auf Art Déco spezialisiert ist.

Abartig schöne Kleider

Seine Leidenschaft für alte Damenkleider entflammte in einem Alter, in dem andere Jungs „Lustiges Taschenbuch“ und Fußballbilder sammelten. „Ich wusste schon mit zehn, dass ich Modedesigner werden würde.“ Das erste Stück seiner Sammlung hat Bräu selbst genäht: ein Etui-Kleid aus grün kariertem Vorhangstoff. Seinen Fußballkumpels erzählte er lieber nichts von seinem Hobby. Doch an den Wochenenden schwärmte er von Ditzingen aus mit seinen Eltern aus, um die Flohmärkte der Umgebung zu durchstreifen. Sein Augenmerk lag zunächst auf den 50er Jahren, die er aus alten Filmen kannte. „Audrey Hepburn, Grace Kelly und Sophia Loren waren wunderbare Frauen in abartig schönen Kleidern“, schwärmt Bräu. Die zugehörigen Männer fand er fade: „Immer im Anzug, immer die gleiche Frisur.“

Nach dem Abi besuchte Bräu die Modeschule Stuttgart und absolvierte im Anschluss eine Ausbildung als Designassistent bei Mondi in München. Nach dem Zivildienst ergatterte er ein Praktikum in New York und bekam danach eine Anstellung bei Peter Keppler Couture in München, die modisches Highend für die oberen Zehntausend schneidern. Bräu war für die günstigere Boutique-Kollektion zuständig. Nur einmal ließ ihn der Chef ein Haute-Couture-Kleid schneidern. Zwei Exemplare wurden davon angefertigt, eines wurde verkauft. „Das Kleid kehrte später zu mir zurück: In einem Secondhandladen in München habe ich es wiederentdeckt und für 200 Euro gekauft.“

Auf den Flohmärkten der ganzen Welt

Nach fünf Jahren bei Keppler fühlte sich Bräu ausgebrannt und reif für etwas Neues. Von einem Freund bei der Lufthansa ließ er sich überreden, sich zum Flugbegleiter ausbilden zu lassen. Er ist bis heute dabei, und sein eigener Kleiderständer mit einem Duzend weißer Oberhemden und Uniformjacken ist das Ödeste, das man sich vorstellen kann. Sein Beruf hat für den Sammler aber den unschlagbaren Vorteil, dass er weltweit auf Kleiderjagd gehen kann: Bräu kennt die Flohmärkte zwischen Rio und Seoul. Mexiko-Stadt schätzt er besonders.

Gelegentlich sucht Bräu Auktionshäuser auf. Bei Sotheby’s London landete er vor Jahren einen Glücktreffer: drei Dior-Kleider von 1961 für 200 Pfund. „Die komplette Garderobe von Prinzessin Lilian von Belgien wurde dort versteigert, etwa 150 Stücke. Die Profis haben sich auf die Prunkstücke gestürzt, bis 14 000 Pfund für ein Kleid bezahlt.“ In deren Windschatten konnte der Schwabe sein Schnäppchen machen. In den Auktionen säßen Sammler, Museumsleute sowie Vertreter namhafter Vintage-Boutiquen. Schuld daran ist Julia Roberts, die bei ihrem Oscar-Auftritt 2001 ein Valentino-Kleid von 1992 trug und damit eine Vintage-Welle lostrat.

Sammler, sagt Bräu, betrachteten ihre Kleider als Kunstwerke und nicht mit den Augen einer Frau, die sich sofort vorstelle, wie sie angezogen aussehen. Trotzdem steckt auch Bräus Kleidern gelegentlich eine Frau: „Es kommt schon mal vor, dass mich eine Freundin fragt, ob sie für eine Hochzeit oder sonst einen festlichen Anlass etwas ausleihen darf. Ich suche dann etwas heraus, dass ihr passt und dem Anlass angemessen ist. Hinterher will ich aber wissen, wie es angekommen ist.“