Die Ordensschwester Philippa Rath – links in Ordenstracht, rechts in Zivilkleidung, die sie aber nur im Urlaub trägt. Foto: Frank Eppler

So sieht die Ordensschwester Philippa Rath in Freizeitkleidung aus: Die Fotografin Herlinde Koelbl zeigt auf ihren Bildern, welche Rolle Kleidung spielt. Zu sehen sind die Fotos in der Ausstellung „Kleider machen Leute“ in der Stadtbücherei Waiblingen.

Waiblingen - Todschick – bei dem Begriff kommen Zuhörer von Diana Lange ins Grübeln. Die Hobbyschneiderin kennt sich gut aus, wenn es um historische Kleidung geht, insbesondere die Mode des 19. Jahrhunderts hat es ihr angetan. Bei der Vernissage der Ausstellung „Kleider machen Leute – Was Mode mit uns macht“ flaniert Diana Lange in einem selbst genähten, blau-schwarz karierten Kleid im Stil der 1880er-Jahre durch das Foyer der Waiblinger Stadtbücherei. Und erzählt, bereits in den 1860er-Jahren sei in der Mode dank Anilinfarben nahezu alles möglich gewesen. Allerdings seien diese Färbemittel arsenhaltig und teils hochgiftig gewesen. Ein Regenguss habe für die Trägerin eines so gefärbten Kleids deshalb so manches Mal fatale Folgen gehabt.

Ganz schön verrückt mag man sich da denken. Dazu passend zitierte Ute Bräuninger-Thaler, die Leiterin der Waiblinger Stadtbücherei, bei der Eröffnung der Ausstellung einen Satz des Schriftstellers Oscar Wilde: „Mode ist jene kurze Zeitspanne, in der das völlig verrückte als normal gilt.“

Fotos von Herlinde Koelbl

Noch bis zum 7. April läuft die Ausstellung in der Bibliothek, das Herzstück der Schau bilden Fotos der bekannten Fotografin Herlinde Koelbl. Sie hat Menschen, einmal in ihrer Arbeitskleidung, einmal im Freizeitdress abgelichtet. Die Wirkung ist frappierend, manch einer erscheint in seiner Berufskleidung als anderer Mensch.

Die freundlich lächelnde, blonde Mittdreißigerin in Jeans und Pulli wirkt, als könnte man Pferde mit ihr stehlen. In ihrer Dienstkleidung – einem olivgrünen Overall der Schweizer Luftwaffe samt Helm – flößt sie dem Betrachter ziemlichen Respekt ein. Auch Nana Wilmore, die lächelnd in einer lässigen schwarzen Hose, passendem Oberteil und mit offenen, schulterlangen Haaren posiert, hat ein zweites, anderes Gesicht. Das kommt zum Vorschein, wenn die Domina ihr Arbeitsoutfit überstreift – eine knallenge Lederhose zum Miederoberteil und rote Stiefel bis übers Knie, die Haare sind streng zurückgebunden. „Mit mir ist nicht zu spaßen“ – das ist die Botschaft, die Nana Wilmore nun ausstrahlt. Philippa Rath, eine Ordensschwester, sagt, sie tausche ihre Tracht nur im Urlaub gegen Freizeitkleidung: „In der Tracht fühle ich mich aber hübscher.“

Im ersten Stock der Bücherei hängen Bilder von Hana Pesut und Yolanda Dominguez. Letztere hat normale Menschen die Posen von Models in Modezeitschriften nachstellen lassen. Der Effekt: völlig absurde Szenen und verdutzte Passanten. Da liegt etwa eine junge Frau in einer öffentlichen Grünanlage, der Oberkörper ruht in einem Blumenbeet, der Rest auf dem Weg.

Hana Pesut hat Freundes-, Liebes- und Ehepaare dazu animiert, die Kleider zu tauschen, auch das ist eine Aktion mit Aha-Effekten. Da passt etwa der Hochzeitsanzug fast besser zur Braut als zum Bräutigam.

Das Ende des strengen Modediktats

Ergänzend zu den Fotos zeigt die Ausstellung in Vitrinen auch allerlei Kleidungsstücke und Accessoires wie Taschen und Brillen, welche Ute Bräuninger-Thaler und ihre Mitarbeiterinnen aufgetan haben: Ein mittelalterliches Kostüm ist dabei, aber auch Modelle aus den 1950er- und 1960er-Jahren, ein Hochzeits- und ein Abendkleid sowie ein Kleid der Waiblinger Modedesignerin Tajana Gali.

„Wir haben versucht, ein buntes Spektrum zu zeigen“, sagt dazu Ute Bräuninger-Thaler, die findet, dass es heute, anders als früher, kein strenges Modediktat mehr gibt: „Mode ist alltagstauglicher geworden und sie kann Spaß machen.“ Wer möchte, kann im Untergeschoss der Bücherei in Modemagazinen schmökern – und seine Stimme für das Heft abgeben, das ihm am besten gefällt. Die Stadtbibliothek schließt dann ein Abonnement für das Magazin ab, das den größten Zuspruch erhalten hat.

Wie sich die Zeiten ändern, das macht die Erzählung einer Besucherin deutlich. In ihrer Jugend seien Hosen als Kleidungsstück für Frauen nach Ansicht vieler, auch der ihrer Eltern, unmöglich gewesen: „Ich habe immer eine Hose in der Tasche gehabt und dann im Treppenhaus meinen Rock gegen die Hose getauscht.“