In Filderstadt werden viele kurze Wege mit dem Auto erledigt. Foto: Caroline Holowiecki

Die Filderstädter fahren gern Auto. Der Anteil des Kfz- am Gesamtverkehr liegt bei 52 Prozent. Bis 2035 sollen es nur noch 42 Prozent sein. Wie kann das klappen? Und vor allem: Was bringt es?

Die 42 ist in Filderstadt die neue Zahl der Stunde. Sie soll künftig als Sollwert wesentliche Entscheidungen beeinflussen. Denn 42 Prozent soll der Anteil des Autoverkehrs am Gesamtverkehr in der Stadt bis zum Jahr 2035 betragen. Dieses Ziel haben sich die Mitglieder des Gemeinderats in ihrer jüngsten Sitzung mit ihrer mehrheitlichen Zustimmung zu einem neuen Mobilitätsentwicklungsprogramm gesteckt. Es gilt als Vorbereitung zum Mobilitätsentwicklungsplan, der in naher Zukunft aufgestellt werden und als Kompass für künftige verkehrs- und stadtplanerische Prozesse gelten soll.

Noch ist Filderstadt von der anvisierten 42 deutlich entfernt. Der Anteil des Autoverkehrs an den Gesamtbewegungen in der Kommune beträgt zurzeit 52 Prozent. Im Sinne des Klimaschutzes, aber auch für mehr Lebensqualität in der Stadt soll sich das ändern. Das Ziel wird daher sein, eine größere Ausgewogenheit zu schaffen: weniger Strecken mit dem Auto, dafür mehr mit Bus und Bahn, mit dem Rad, zu Fuß. Der Stadtplaner Thomas Baum, Geschäftsführer des Aachener Büros VSU, der das Konzept gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe erstellt hat, sprach in der Sitzung von einer „für alle sozial gerecht nutzbare Straßenraumumwelt“. Breitere Gehwege, mehr Querungsmöglichkeiten, Konflikte zwischen Rad- und landwirtschaftlichem Verkehr entzerren, Wirtschaftsverkehr raus aus den Zentren und den Wohngebieten, Busrouten von behindernden Parkern räumen: Etliche Ziele sind im Mobilitätsentwicklungsprogramm festgehalten.

Das „heilige Blechle“ ist besonders heilig

Konkrete Vorschläge, wie sie zu erreichen ist, enthält es indes noch nicht. Der mögliche Effekt wird allerdings benannt. Laut Thomas Baum könnte eine Verhaltensänderung 16,7 Tonnen CO₂ pro Tag einsparen; eine Reduktion um 13 Prozent. Er betonte in der Sitzung: Die 42 Prozent Autoverkehr sind nach wie vor viel. Normalerweise empfehle er weniger. Den Filderstädtern ist ihr „Heilig’s Blechle“ augenscheinlich besonders heilig. „Die Filderstädter sind begeisterte Pkw-Besitzer und damit auch -Nutzer“, sagte er. Die Krux daran benannte der Oberbürgermeister Christoph Traub: „80 Prozent der in Filderstadt gefahrenen Strecken liegen unter sechs Kilometern.“

Baum betonte: 2035 ist gar nicht mehr so weit hin. „In der Zeit können Sie etwas gestalten. Sie müssen es aber tun.“ Die Mehrheit der Stadträte war voll der Lobes für das aufgestellte Programm und schien motiviert. Ulrich Steck (CDU) etwa gab als Ziel die lebenswerte Stadt mit mehr Aufenthaltsqualität aus, „wir müssen ein Umdenken erreichen“. Man müsse den Mut haben, Dinge anzugehen, die anzugehen sind, sagte auch Stefan Hermann (Freie Wähler). „Es ist zu schaffen, aber es ist ehrgeizig, und es ist sportlich“, sagte Catherine Kalarrytou (Grüne) zur Zielmarke von 42 Prozent.

Muss man die Zahl der Fahrzeuge reduzieren?

Ähnlich formulierte es Walter Bauer (SPD). Das Neun-Euro-Ticket habe gezeigt, dass die Bevölkerung bereit sei, auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. Dafür brauche es ein preiswertes, unkompliziertes Angebot, ebenso einen verlässlichen Radverkehr. „Es ist machbar, wir müssen aber mit Widerständen rechnen“, sagte er. Einzig Dennis Birnstock (FDP) zeigte sich von der magischen 42 wenig angetan. „Wir halten es für schwierig, dem Auto den Kampf anzusagen“, erklärte er, das Ziel müsse in seinen Augen vielmehr sein, den CO₂-Ausstoß und den Lärm zu reduzieren, nicht die Zahl der Fahrzeuge.

Zeitplan und Kosten

Maßnahmen
Das Mobilitätsentwicklungsprogramm für Filderstadt steht, doch wann wird das Ganze konkret? Im Herbst beziehungsweise Winter dieses Jahres soll den beschließenden Gremien der Entwurf eines Maßnahmenplans vorgelegt werden, beinhalten soll er Konzeptvorschläge für die einzelnen Verkehrsmittel. Gleichzeitig soll die Öffentlichkeit informiert und zum Austausch eingeladen werden. Danach soll der Mobilitätsentwicklungsplan beschlossen werden. Und danach erst sollen Maßnahmen gemäß einer zuvor festgelegten Priorisierung inklusive Zeitschiene umgesetzt werden. Dann wird man auch Aussagen über die Kosten treffen können.