Hans-Martin Gündner: „Der rasche Umstieg auf E-Fahrzeuge ist der Schlüssel“. Foto:  

Erdgas als Treibstoff sollte nach Meinung des Marbacher Solarverein-Vorsitzenden Hans-Martin Gündner steuerlich nicht gefördert werden.

Kreis Ludwigsburg - Was sagt der Marbacher Solarverein zum Vorschlag des CNG-Clubs in Stuttgart, Autos mit Bio-Methan wegen der relativ guten Umweltbilanz dieser Wagen für den Klimaschutz zu empfehlen? Wir haben uns darüber mit Hans-Martin Gündner, dem Vorsitzenden des Solarvereins, unterhalten.

Was halten Sie von Autos, die mit Erdgas angetrieben werden?

Erdgas, das natürliche Methan, besteht aus weniger Kohlenstoff und mehr Wasserstoff als Benzin, daher sind in den Abgasen etwa 20  Prozent weniger Kohlendioxid und weniger Feinstaub. Das war der Grund, warum Gasautos bis heute steuerlich gefördert sind. Auch wir haben uns genau deswegen vor ein paar Jahren ein Gasauto angeschafft.

Ist Erdgas klimafreundlicher als Benzin?

Nein, leider nicht, und das war lange Zeit nicht so klar. Bei der Gasförderung entweicht viel dieses Gases aus Leckagen unkontrolliert in die Atmosphäre, wo es mindestens 30 Mal stärker zur Klimaerhitzung beiträgt als Kohlendioxid und auch sehr lange dort verbleibt. Beim Fracking ist das noch schlimmer. In Summe – also mit Förderung, Transport und Betrieb – muss man leider sagen, dass Erdgas-betriebene Autos nicht weniger klimaschädlich sind als Benzinautos.

Wird die Umweltbilanz besser, wenn Bio-Methan in Biogasanlagen regenerativ gewonnen wird?

Im Prinzip ja. Der in der Biomasse enthaltene Kohlenstoff ist kurz zuvor aus der Atmosphäre in die Pflanzen aufgenommen worden. Unterm Strich ist die Verbrennung daher CO2-neutral. Leider ist dieses Potenzial sehr begrenzt. Wir sollten für Biogasanlagen nur Pflanzenabfall einsetzen – großflächige Monokulturen verbieten sich aus vielerlei Gründen. Man wird niemals ausreichend viele Biogasanlagen bauen können, um den Verkehrsbedarf – und vielleicht sogar noch den Kraftwerksbedarf – auch nur einigermaßen decken zu können. Das sehen alle Zukunftsmodelle zur Energiewende gleichermaßen.

Gibt es für Methan trotzdem eine Chance, wenn es aus Power-to-Gas-Prozessen kommt?

Nein. Bei der Wasser-Elektrolyse zu Wasserstoff gehen 40 bis 35 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie aus Sonne und Windkraft als Wärme verloren. Etwa noch einmal 10 bis 15 Prozent Energie braucht man für die Weiter-Umwandlung zu Methan oder gar E-Fuels. Bei damit betriebenen Fahrzeugen landen dann bestenfalls zwischen 10 und 12 Prozent der ursprünglichen elektrischen Energie als Antriebsenergie an den Rädern. Ganz anders beim Elektroantrieb mit Batterie. Hier sind es 70 bis 80 Prozent der ursprünglichen elektrischen Energie, die als Antriebsenergie zur Verfügung stehen, Batterieverluste und anderes bereits eingerechnet. Das E-Auto ist also um den Faktor 6 bis 7 besser in der Energienutzung, wenn diese aus Windkraft, Wasserkraft und Fotovoltaik stammt.

Würde es etwas bringen, Erdgas in großen Kraftwerken in Strom für E-Fahrzeuge umzuwandeln?

Genau das tun wir ja heute. Wir erzeugen Strom in fossilen Kraftwerken. Moderne Gaskraftwerke haben zwar einen ganz guten Wirkungsgrad von bis zu 60 Prozent, aber sie sind nach wie vor mit ihrem Kohlendioxid-Ausstoß die Klimakiller. Es ist viel vernünftiger, die E-Autos direkt aus benutzernahen Fotovoltaikanlagen zu laden.

Welches Fazit ziehen Sie im Vergleich von E-Fahrzeugen und Erdgas-Wagen?

Ich halte den raschen Umstieg auf E-Fahrzeuge für den entscheidenden Schlüssel im Mobilitätssektor. Gas und E-Fuels sollten im Pkw-Bereich keine Rolle mehr spielen, daher sollten meines Erachtens auch Steuerbegünstigungen abgeschafft werden. Fernlaster, Baumaschinen und Eisenbahnen muss man getrennt betrachten, da ist Batteriebetrieb teilweise nicht möglich oder sinnvoll.

Professor im Ruhestand

Hans-Martin Gündner
 ist 77 Jahre alt, der Professor für Informationstechnik im Ruhestand lebt in Marbach. Er studierte Physik, promovierte in Nachrichtentechnik, arbeitete in der Elektronikindustrie, dann 18 Jahre an der Hochschule in Esslingen. Den Vorsitz im Solarverein Marbach übernahm er 2020, er war für die SPD im Gemeinderat.