Der Sendemast aus Schleuderbeton soll 25 Meter hoch werden. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Verwaltung hat die Genehmigung für den Bau eines neuen Mobilfunkmasts in Stuttgart-Rohr erteilt und alle Einwände zurückgewiesen. Die Anwohner geben aber noch nicht auf.

Rohr - Die Deutsche Funkturm-Gesellschaft (DFMG) darf den neuen Mobilfunkmasten auf der Rohrer Höhe bauen. Das Stuttgarter Baurechtsamt hat die Genehmigung erteilt und alle Einwendungen der Nachbarn als „unbegründet zurückgewiesen“.

Die Errichtung der Mobilfunkanlage sei notwendig, um eine ausreichende Mobilfunkversorgung im Stadtteil Rohr sicherzustellen. Es gehe um das Wohl der Allgemeinheit, schreibt das Baurechtsamt und erteilt die erforderliche Befreiung. Denn der neue Mobilfunkmast ist eigentlich nicht mit dem geltenden Bebauungsplan vereinbar. Dieser sieht für das Grundstück an der Ecke Rohrer Höhe/Musberger Straße eine Fläche für die Forstwirtschaft vor, weshalb die Telekom-Tochter DFMG an einer anderen Stelle der Natur etwas Gutes tun muss. Ausgleichsmaßnahme oder Ersatzmaßnahme heißt das im Fachjargon. Doch prinzipiell stelle der Mast keine „unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes und des Forstes dar“, schreibt das Baurechtsamt.

Viele Anwohner haben Widerspruch eingelegt

Zum Thema Gesundheit heißt es in dem insgesamt neun Seiten umfassenden Papier: „Die geforderten Sicherheitsabstände werden eingehalten.“ Die Frage, ob die Eigentümer der benachbarten Häuser finanzielle Verluste hinnehmen müssen, hat das Baurechtsamt nicht in seine Abwägung einbezogen, denn: „Eine tatsächliche oder theoretisch mögliche Wertminderung der umliegenden Grundstücke vermittelt nach der Rechtssprechung keinen eigenen Abwehranspruch.“

Bernd Blessing von der Initiative Sendemast Rohrer Höhe hatte in der jüngsten Sitzung des Vaihinger Bezirksbeirats kundgegeben, dass die Stadt Stuttgart die Baugenehmigung erteilt habe. „Die Anwohner haben ein Schreiben erhalten. Alle Einwendungen wurden einfach weggewischt“, sagte er. Inzwischen sei er von etlichen Nachbarn auf die Baufreigabe angesprochen worden und habe von weiteren Widersprüchen beim Baurechtsamt und der Bundesnetzagentur erfahren. „Über weitere geplante Maßnahmen wollen wir momentan noch nichts sagen“, schreibt Blessing in einer Mail an unsere Zeitung. Nur so viel: „Wir geben noch nicht auf!“

Fast 600 Bürger haben einen offenen Brief unterschrieben

Die Initiative Sendemast Rohrer Höhe hatte im März dieses Jahres in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Fritz Kuhn vorgeschlagen, den Sendemast um 50 bis 150 Meter in Richtung Autobahn zu verschieben. Dies sei wirtschaftlich gleichwertig, werde den Belangen der Deutschen Telekom gerecht, verbessere das mobile Netz und reduziere drastisch die Strahlenbelastung der direkt angrenzenden Anwohner, so ihre Argumentation. 585 Bürger hatten den offenen Brief unterzeichnet.

Zu einem Vor-Ort-Termin kam es aber nicht. Die Verwaltung antwortete der Initiative schriftlich. „Wir bedauern sehr, dass keine der angeschriebenen Personen es für angebracht sah, mit uns vor Ort einen Termin zur Besichtigung beziehungsweise Diskussion über alternative Standorte zu vereinbaren. Ebenso war auffällig, dass die Antwortschreiben der verschiedenen Stellen sehr ähnlich waren, mit nahezu gleichem Wortlaut“, schreibt Blessing.

Lediglich der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann habe mit Vertretern der Telekom ein Gespräch vereinbaren können. „Über das Ergebnis sind wir noch nicht informiert. Eine Teilnahme von Vertretern aus unserem Kreis wurde von der Telekom leider abgelehnt“, so Blessing.

Zwei Gemeinderatsfraktionen fordern mehr Transparenz

Inzwischen machen sich auch die Grünen und die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus im Stuttgarter Gemeinderat für die Initiative Sendemast Rohrer Höhe stark. In einem aktuellen Antrag fordern sie mehr Transparenz beim Thema Mobilfunkmasten. „Seit Jahren setzen wir uns für eine abgestimmte Planung der Standorte ein, um unnötig hohe Strahlenbelastungen zu senken. Eine bessere mobile Versorgung bei gleichzeitiger Strahlungsminimierung ist kein Widerspruch, wenn neueste Technik angewendet wird“, heißt es in dem Schreiben. Das Eigeninteresse der Mobilfunkunternehmen und die unzulängliche Gesetzgebung in diesem Bereich verhindere ein Vorankommen auf diesem Gebiet. „Dennoch zeigen uns Proteste gegen geplante Sender sowie neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Gesundheitsgefährdung durch Mobilfunkstrahlung, dass wir weiter in diese Richtung arbeiten müssen“, schreiben die Grünen und die SÖS/Linke-plus.

Sowohl die Initiative Sendemast Rohrer Höhe als auch die Bürgerinitiative Mobilfunk Stuttgart-West kritisieren fehlende Transparenz, heißt es in dem Antrag. Dem gegenüber stehen die Beteiligungsrichtlinien der Stadt Stuttgart, die eine stärkere Einbindung der Bürger in politische Entscheidungen vorsehen. Folglich heißt es in dem Gemeinderatspapier: „Die Bürger müssen vor der Entscheidung über die Standorte informiert werden.“ Die Fraktionen fordern nun einen Bericht darüber, wie Bürger möglichst frühzeitig vor Beschlussfassung und innerhalb der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen über geplante Mobilfunkstandorte unterrichtet werden können. Darüber hinaus soll die Verwaltung über den Stand der im Rahmen der Haushaltsberatungen beschlossenen Pilotprojekte für eine Mobilfunkversorgung mit Kleinzellentechnik in zwei Stadtteilen berichten.