Besserer Empfang ist zwar eine feine Sache, aber ohne neue Sendemasten ist das fast nicht zu machen. Foto:  

Jagt in Filderstadt bald die Stadt Funklöcher? Über die Konsequenz freuen sich die Anwohner eines neuen Antennen-Standorts aller Erfahrung nach weniger. Doch der Protest ist meist vergebens, wie ein Fall aus Stuttgart-Rohr zeigt.

Filder - Wenn das Handy keinen Empfangsbalken anzeigt, fühlen sich viele ziemlich abgehängt. Und es gibt sie eben, die Funklöcher. „Im Erdgeschoss funktioniert nur der Anrufbeantworter“, sagt Yvonne Raissle aus der Forststraße in Plattenhardt. Nur im zweiten Obergeschoss könne sie mobil telefonieren. Werner Schlereth, der an der Achterwaldstraße in Plattenhardt wohnt, geht es noch schlechter. Er kann nur auf der Terrasse mobil telefonieren.

Es gibt einige Schwachstellen für Mobilfunknutzer

Beide nutzen das Netz von O2. Es gibt in Filderstadt jedoch auch Funklöcher anderer Anbieter, wie beispielsweise der Telekom. Jörg Alberth, der an der Reutestraße in Plattenhardt wohnt, hat im Haus nur schlechten oder gar keinen Empfang. „Da ich im Homeoffice arbeite, ist es besser, wenn ich das Festnetz benutze.“ Weitere Schwachstellen der Telekom gibt es beispielsweise in Bernhausen bei der Lindenstraße oder in Harthausen beim Neuffener Weg.

Filderstädter Bürger haben sich bei Stadträten beschwert, dass sie zu Hause keinen oder nur einen schlechten Empfang mit ihren Mobiltelefonen haben. Und weil das so ist, soll die Stadt jetzt Funklöcher jagen. So die Idee zweier Fraktionen im Gemeinderat. Die Stadt soll sich für die Telekom-Aktion „Wir jagen Funklöcher“ bewerben, fordern sowohl SPD als auch FDP in einem Antrag. „Am besten wäre es, wenn alle Funklöcher beseitigt würden“, sagt SPD-Fraktionschef Walter Bauer. Auch dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Dennis Birnstock ist daran gelegen, dass man überall telefonieren kann und ins Internet kommt: „Falls wir bei der Telekom-Aktion mitmachen können, wäre der erste Schritt getan.“

Die Telekom würden den Masten kostenlos aufstellen

Wie die Telekom mitteilt, will das Unternehmen bundesweit in 50 Kommunen die Versorgung mit dem LTE-Standard verbessern. Voraussetzung sei, dass die jeweilige Kommune vor Ort einen geeigneten Standort für einen Sender vorschlage. Dann werde die Telekom den Masten kostenlos aufstellen. „Für uns ist der Gemeinderatswille das entscheidende“, sagt der Telekom-Pressesprecher Markus Jodl. Schließlich könne es sein, dass Anwohner gegen den Sender seien. In solchen Fällen setze das Unternehmen darauf, dass sich die Kommune dann für den Mobilfunk-Masten stark mache. „Dann wäre es an uns, die Anwohner zu überzeugen“, sagt der Wirtschaftsförderer von Filderstadt, Patrick Rapp. Er ist deshalb nicht Feuer und Flamme für die Aktion, zumal es inzwischen bessere Standards als LTE gebe.

Denn so gern vermutlich jeder möglichst viele Balken auf dem Handy angezeigt bekommt, so ungern will er den Sendemasten in der eigenen Nachbarschaft. Ärger wegen neuer Antennen gibt es immer wieder. Ein Beispiel vom nordöstlichen Teil der Filder: In Stuttgart-Birkach ist vor ein paar Jahren ein Sendemast der Telekom abgebaut worden, daraufhin saßen die Bewohner des Stadtteils Schönberg im Funkloch. Gegen den neuen Standort an der Birkacher Straße liefen Riedenberger Anwohner Sturm, aber ohne Erfolg. Auch in Plieningen hatten Anwohner jahrelang versucht, einen Mast von O2 neben ihren Häusern zu verhindern.

Der aktuellste Fall geht gerade in Rohr zu Ende. Auf der Rohrer Höhe ist zwei Jahre lang vergebens gegen einen geplanten Mast gekämpft worden. Jüngst haben die Arbeiten für den 25-Meter-Turm begonnen. Er soll dieses Jahr fertig werden und frühestens im zweiten Quartal 2020 in Betrieb gehen. Der Mast soll die Versorgung des Stadtteils mit dem schnellen Mobilfunkstandard LTE verbessern.

Eine Alternative sei in Stuttgart-Rohr nie im Spiel gewesen

Die Bürgerinitiative Sendemast Rohrer Höhe kritisierte von Beginn an, dass die Anwohner nicht in die Pläne eingeweiht worden seien. Die Stadt habe den Mast bereits vor der ersten Information an Bürger durchgewinkt, sagt Bernd Blessing, der Initiativensprecher. Laut Stadtverwaltung und Telekom-Tochter Deutsche Funkturm habe man weitere Standorte gesucht, aber keine gefunden. Bei den Bürgern stieß diese Aussage auf Irritationen. Sie meinten, ein Standort weiter im Wald und näher an der Autobahn sei durchaus möglich gewesen. Letztlich erteilte die Stadt im Herbst 2018 die Baugenehmigung für den Mast am ursprünglich vorgesehenen städtischen Grundstück an der Ecke Musberger Straße/Rohrer Höhe.

Dennoch spricht Blessing nicht von einem Misserfolg: „Ich sehe das nicht als Niederlage, im Gegenteil.“ Durch ihren Einsatz hätten die Bürger nämlich einiges erreicht: Bäume seien erhalten und die Bauausführung sei angepasst worden: „Statt einer mehrere Meter großen Baugrube haben wir jetzt nur die vier Bohrlöcher.“ Zudem hätten Sachverständige vor und nach Inbetriebnahme des Sendemasts Messungen zugesagt, um die Strahlenbelastung zu ermitteln. „Dass in dieser Sache nicht viel möglich war, das ist uns inzwischen klar. Aber hätten wir nicht gekämpft, hätten wir diese Dinge nicht rausgeholt“, sagt er. Er versuche, den Kontakt zu halten, spreche etwa hin und wieder mit der Bauleitung: „Wir wollen auf freundschaftlicher Basis dran bleiben.“