Gutachter sollen die Immissionen der Mobilfunkanlagen untersuchen. Foto: Gottfried Stoppel

Für Schorndorf soll – wenn es nach der Mehrheit im Technischen Ausschuss geht – ein Mobilfunk-Vorsorgekonzept erstellt werden. Damit sollen leistungsstarke und dennoch strahlungsarme Standorte für Mobilfunkanlagen identifiziert werden.

Schorndorf - Für die einen gehört eine schnelle und flächendeckende Mobilfunkverbindung zu einer funktionierenden Stadtinfrastruktur dazu, ist sie mittlerweile einer der wichtigsten Standortfaktoren. Für die anderen ist Mobilfunk eine Gefahr für Leib und Leben, in hohem Maße krebserregend und dazu in seiner Wirkung noch reichlich unerforscht.

Beiden Sichtweisen gerecht zu werden, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Mit einem Mobilfunk-Vorsorgekonzept will der Schorndorfer Gemeinderat aber genau das erreichen. Im Technischen Ausschuss hat die Mehrheit dem Antrag von CDU, Bündnis 90/Die Grünen sowie Einzelstadträtin Andrea Sieber zugestimmt, ein solches Konzept zu erstellen – gegen die Empfehlung der Stadtverwaltung.

Ein Netzausbau in Schorndorf ohne Wildwuchs

Was genau soll das Mobilfunk-Vorsorgekonzept leisten? Laut Antrag sollen Wildwuchs, aber auch Unterversorgung bei der digitalen Infrastruktur vermieden werden, der Netzausbau soll stattdessen konstruktiv entwickelt werden. Dafür soll ein Fachbüro ein Mobilfunk-Immissionsgutachten für das gesamte Stadtgebiet erstellen. „Das Dialogverfahren bietet die Voraussetzung, gemeinsam mit den Betreibern nach dem bestmöglichen Standort zu suchen, um die größtmögliche Datenmenge bei gleichzeitig geringster Strahlenbelastung für Mensch und Natur zu erreichen“, heißt es. Und weiter: „Durch das Konzept versetzt sich die Stadtverwaltung erst in die Lage, auf Augenhöhe mit den Betreibern über den immissionsärmsten Standort verhandeln zu können.“

Ob sich die Verhandlungssituation durch ein finanziell aufwendiges Mobilfunk-Vorsorgekonzept tatsächlich verbessern würde, ist für die Stadtverwaltung fraglich. So müssten sich zum einen alle Mobilfunkbetreiber daran beteiligen, zum anderen die als für geeignet erachteten Grundstücke tatsächlich zur Verfügung stehen. „Beide Voraussetzungen könnten nur auf Basis freiwilliger Mitwirkung der Betroffenen erfolgen“, schreibt die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme. Zumal die Mobilfunkbetreiber weiterhin private Standorte requirieren könnten.

Mobilfunkkritiker sind nicht gegen Digitalisierung

Für Oberbürgermeister Matthias Klopfer geht es bei dieser Entscheidung um die Zukunft seiner Stadt, „denn in den 20er Jahren wird die Digitalisierung immer weiter an Bedeutung gewinnen.“ Jörn Gutbier, der als Vorsitzender der Organisation Diagnose:funk zur Sitzung des Technischen Ausschusses eingeladen war, will den Fortschritt nicht aufhalten: „Wir sind nicht gegen Digitalisierung, aber wir wollen die Technik sinnvoll nutzen“, sagte der Architekt, der selbst für die Grünen im Herrenberger Gemeinderat sitzt. Er verwies in seinem Vortrag auf Gutachten, die beweisen würden, dass Krebs unter Mobilfunk schneller wachsen würde.

Jörn Gutbier hatte aber zudem einige Ideen mitgebracht, wie eine Kommune seiner Meinung nach dafür sorgen könnte, dass sich die Strahlungsbelastung auf ihre Einwohner verringert. „Schorndorf hat die beste Ausgangslage, weil die Stadt das Breitbandnetz selbst ausbauen und betreiben will“, sagte Gutbier. Dieses sei die wesentlich strahlungsärmere Alternative. Er berichtete aus Herrenberg, wo ein Funkmast zehn Meter höher gebaut worden sei, um so die Strahlung auf die direkt benachbarten Häuser um 45 Prozent zu reduzieren. Er berichtete von der Möglichkeit, Mikrozellen so auszurichten, dass nur die Straße bestrahlt werde, aber nicht das Innere der Häuser. Und er appellierte an das Gremium, so etwas wie funkende Wasserzähler nicht zwangsweise einzubauen: „Schaffen sie die Möglichkeit, auch analog leben zu können.“

Entscheidung für Mobilfunkmasten auf Schorndorfer Liegenschaften

Gutbier ist zudem der Meinung, dass eine Stadt durchaus die Oberhand über Standorte für Mobilfunkmasten behalten könne: „Aber nur, wenn sie selbst Alternativstandorte zur Verfügung stellen können“, sagte er. Um dabei in Zukunft mehr Spielraum haben zu können, hat die Mehrheit des Technischen Ausschusses dafür gestimmt, dass auch Mobilfunkmasten auf städtischen Liegenschaften errichtet werden können.