SMS im Urlaub Foto: Vodafone

Nicht alle Kostenfallen bei der grenzüberschreitenden Handynutzung wurden von der EU beseitigt.

Stuttgart - Die Brüsseler Kommission hat die Preise für Handytelefonate und SMS quer durch die EU gedeckelt. Doch Vorsicht: Damit sind nicht alle Kostenfallen bei der grenzüberschreitenden Handynutzung beseitigt.

Noch vor fünf Jahren kauften Urlauber im EU-Ausland lieber eine Telefonkarte für die nächste Telefonzelle, wenn sie sich mal bei ihrer Familie melden wollten. Ein Anruf mit dem eigenen Handy nach Deutschland war nämlich deutlich teurer. So kostete ein Vierminutengespräch aus dem Ferienland nach Hause vier bis sechs Euro. Nicht selten standen nach der Heimkehr 50 Euro oder mehr auf der Mobilfunkrechnung. Die deutschen Anbieter begründeten die satten Rechnungen mit den hohen Gebühren, die sie angeblich für die Nutzung des fremden Netzes begleichen müssten. Doch Vergleiche mit anderen Staaten der Gemeinschaft zeigten, dass die Deutschen tatsächlich sehr viel zahlen mussten. Italiener etwa wurden auf Reisen deutlich weniger zur Kasse gebeten.

EU-Wettbewerbskommissarin Viviane Reding ließ die Ungleichbehandlung nicht auf sich beruhen. Nachdem in mehreren Staaten die Tarife fürs Roaming, die Nutzung von Netzen durch fremde Kunden, nicht sanken, verordneten EU-Kommission und -parlament den teuren Anbietern eine mehrstufige Tarif-Diät. Zunächst wurde im Sommer 2007 eine Obergrenze von 59 Cent pro Minute für Handy-Telefonate aus dem EU-Ausland eingeführt, für eingehende Gespräche durften nicht mehr als 28 Cent pro Minute abgerechnet werden. Beispiel: Ein Stuttgarter ist auf Irlandreise und telefoniert nach Deutschland: Dieser Anruf darf ihn höchstens 59 Cent pro Minute kosten. Wird er in Irland auf seinem Handy mit deutscher SIM-Karte angerufen, darf ihn dies höchstens 28 Cent pro Minute kosten.

Im August 2008 wurde die zweite Stufe gezündet mit 54 bzw. 26 Cent pro Minute, seit Juli 2009 dürfen es maximal 51 und 22 Cent sein, der Versand einer SMS darf höchstens 13 Cent kosten, der Empfang gar nichts. Damit nicht genug: Von Juli 2010 an dürfen die Provider für eine Handy-Gesprächsminute aus dem Ausland höchstens 46 Cent verlangen; für eingehende Anrufe sinkt der Höchstpreis auf 17 Cent, während sich bei dem SMS nichts mehr ändert. "Verbraucher können sich in ganz Europa bewegen, ohne dass sie Angst haben müssen, ihr Mobiltelefon anzuschalten", jubelt Reding.

Einige Leser, unter ihnen Lieselotte Zirkel, wundern sich trotzdem. Seit Juli 2009 kosten SMS quer durch Europa zwar höchstens 13 Cent - dennoch berechnet ihre Telefongesellschaft stolze 29 Cent, wenn sie ihrem Sohn in Dublin eine Textnachricht schickt. "Wie kann das sein?", fragt sie. "Deutschland ist doch ebenfalls EU-Land. Gilt hier die EU-Verordnung etwa nicht?"

Tatsächlich regelt die EU nur die Preisobergrenzen für Handygespräche in ausländischen Fremdnetzen, bei denen der Anrufer nicht Kunde ist. Frau Zirkel aber ist Kundin bei dem deutschen Anbieter, über den sie ihre SMS verschickt - die Preisdeckelung gilt somit nicht für sie. Denn die Begründung für die Vorschrift ist, dass die Verbraucher im Ausland keine Möglichkeit hätten, auf andere Anbieter auszuweichen, und somit geschützt werden müssten. Sie müssen ihre mobilen Gesprächskosten im Ausland immer über ihren deutschen Anbieter abrechnen.

Für Telefonate innerhalb des Heimatlands, also im Netz ihres Anbieters, oder vom Heimatland ins Ausland können die nationalen Anbieter beliebige Tarife ansetzen. Das gilt auch, wenn der Angerufene oder der Empfänger der SMS ein Handy mit deutscher Karte hat und sich im Ausland aufhält. Denn, so die EU-Wettbewerbshüter, die Kunden könnten ihrem Anbieter ja kündigen, wenn's ihnen zu viel wird. Anders als beim Roaming gibt es hier deshalb noch keine europaweite Preisregulierung. Vielmehr wacht hier die Bundesnetzagentur über mögliche Wettbewerbsverstöße. Theoretisch könnte diese - wie Brüssel - die Tarife deckeln, wenn sie einen Bedarf oder gar Missbrauch sieht. Doch das ist bisher nicht geschehen. "Die Mobilfunker können ihre Preise frei bestimmen", klagt Josefine Milosevic von der Zeitschrift "Connect". "Der oft eklatante Preisunterschied wird leider eine Weile so bleiben, da die Anbieter nicht gewillt sind, auf breiter Front die Preise zu senken."

Bleibt die Frage, ob sich die Anbieter damit einen Gefallen tun. Viviane Reding wird nicht müde nachzuweisen, dass die Verbraucher viel mehr telefonieren, wenn die Tarife sinken. Nach ihren Angaben sind die Preise fürs mobile Telefonieren im EU-Ausland seit 2005 um mehr als 70 Prozent gefallen, bei Textnachrichten um durchschnittlich 60 Prozent. Wenn sich die Kunden nun über teurere Tarife vom In- ins Ausland beschwerten, bräuchten sie sich ja nur bei Wettbewerbern umzusehen.

Jedenfalls geht's weiter abwärts mit den Preisen für mobile Kommunikation in der EU. Ab Juli 2012 sollen im Euro-Tarif nur noch rund 40,5 Cent für abgehende und knapp 12 Cent für angenommene Anrufe innerhalb der EU anfallen. Die beste Wahl haben hier auf jeden Fall die Bewohner grenznaher Regionen. Mobiltelefonierer in Kehl, deren Anbieter überhöhte Tarife verlangen, loggen sich einfach ins benachbarte ausländische Netz ein. Dann fallen sie unter die EU-Preisdämpfung und zahlen automatisch den kundenfreundlichen Tarif.