Alte und neue Teamleitung der mobilen Jugendarbeit: Jonas Stürtz wird Nachfolger von Annemarie Pelka. Foto: Theresa Ritzer

In der mobilen Jugendarbeit auf dem Fasanenhof steht ein Wechsel an: Jonas Stürtz übernimmt die Teamleitung von Annemarie Pelka. Im Gespräch erzählen beide, worauf es ankommt, um die Jugendlichen zu erreichen, und welche Fälle sie besonders berühren.

Fasanenhof - Es gibt Schicksale, die Annemarie Pelka besonders getroffen haben. Wie das einer Jugendlichen, die ihr Elternhaus verlassen musste, weil die Situation dort für sie nicht mehr zu ertragen war. Pelka half dieser Jugendlichen, eine Wohnung in einer anderen Stadt zu finden. „Das sind Fälle, die ich gedanklich mit nach Hause genommen habe“, sagt sie. Andere Fälle sind weniger dramatisch, aber deswegen nicht weniger wichtig. „Von einem Jugendlichen, dem ich geholfen habe, eine Lehrstelle zu finden, habe ich vor Kurzem eine E-Mail bekommen“, erzählt Pelka, „Er hat mir geschrieben, dass er jetzt als Bankkaufmann in Berlin arbeitet.“ Von den Jugendlichen zu erfahren, wie es ihnen weiter ergangen ist, sei immer schön.

Die einen werden ausgegrenzt, andere sind drogensüchtig

Seit Frühjahr 2012 war Annemarie Pelka die Teamleiterin der mobilen Jugendarbeit im Stadtteil Fasanenhof. Getragen wird das Angebot von der Caritas Stuttgart und der Evangelischen Gesellschaft. In Stuttgart gibt es Teams für alle 17 Stadtteile. Das fünfköpfige Team vom Fasanenhof kümmert sich ebenfalls um die Probleme junger Menschen in Möhringen und Degerloch. Diese Probleme sind vielfältig. „Die Jugendlichen, die zu uns kommen, werden ausgegrenzt oder sind selbst diejenigen, die andere mobben“, sagt Pelka. „Andere haben keinen Schulabschluss oder sind drogensüchtig.“ In Einzelgesprächen oder in Kleingruppen versuchen die Mitarbeiter der mobilen Jugendarbeit um Annemarie Pelka, diese Probleme zu lösen.

Künftig werden sie dies ohne ihre bisherige Teamleiterin tun. Pelka geht in Mutterschutz und danach in Elternzeit. „Auf die Stelle zurückkommen werde ich diesmal nicht“, sagt Pelka. Nach ihrem ersten Kind hat sie das noch getan. Nachfolger wird ihr Teamkollege Jonas Stürtz. Der ist seit Februar 2014 Teil des Teams für den Fasanenhof und Degerloch. „Ich kenne die Jugendlichen also schon und sie kennen mich“, sagt Stürtz. Das sei ein großer Vorteil, denn „Vertrauen ist das A und O bei unserer Arbeit, weil alles auf Freiwilligkeit basiert.“

Streetwork gehört zur Arbeit dazu

Die Jugendlichen werden nicht zur mobilen Jugendarbeit geschickt. Sie kommen freiwillig, manchmal, weil ein Freund es empfohlen hat. „Aber wir gehen auch aktiv auf die Jugendlichen zu“, sagt Pelka. Zum Beispiel gehen sie auf Spielplätze, in Jugendhäuser und im Sommer auch ins Freibad. „Streetwork“ nennt Pelka das. Das Team arbeitet zudem mit den Schulsozialarbeitsstellen zusammen. „Bei der Anne-Frank-Gemeinschaftsschule stehen wir einmal pro Woche auf dem Pausenhof“, sagt Pelka.

Die meisten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind zwischen 13 und 27 Jahren alt. „Je nach Alter sind wir mit ganz verschiedenen Themen konfrontiert“, sagt Stürtz. Doch es gäbe auch Probleme, die in manchen Jahren verstärkt auftreten und dann kaum noch vorkommen würden. „Vor ein paar Jahren war Komasaufen ein großes Problem“, nennt Pelka ein Beispiel. Jetzt wäre das kaum noch Thema.

Das Team der mobilen Jugendarbeit arbeitet auch mit Grundschulen zusammen. Stürtz ist zum Beispiel Schulsozialarbeiter an der Fasanenhofschule; früher eine Grund- und Werkrealschule, ist sie heute nur noch Grundschule. „Vor ein paar Jahren hatten wir das Projekt mobile Kindersozialarbeit“, sagt Pelka. Dabei wurde das Konzept der mobilen Jugendarbeit auf jüngere Kinder übertragen und die Eltern miteinbezogen.

Vertrauen als Basis für die Zusammenarbeit

Unabhängig vom Problem, das sie haben: Damit sich die Jugendlichen den Mitarbeitern der mobilen Jugendarbeit öffnen, müssen sie diesen vertrauen, sagt Pelka. Um dieses Vertrauen aufzubauen, richten die Mitarbeiter zum Beispiel Fußballturniere aus oder sie gehen mit den Jugendlichen auf Freizeiten. „Jugendliche, mit denen ich 2014 an der Ostsee war, sprechen mit mir heute noch darüber“, sagt Stürtz, „Das war für sie ein Highlight.“

Was sie mit den Jugendlichen unternehmen, sei immer von deren Interessen abhängig, sagt Pelka. Doch es ginge nicht nur darum, eine Beziehung zu den jungen Menschen aufzubauen. „Wir beziehen die Jugendlichen immer in die Organisation mit ein“, sagt Pelka, „Wir wollen, dass sie lernen, selbstständig zu sein.“ Sie fügt hinzu: „Unser Ziel ist es, uns selbst überflüssig zu machen.“ Bei vielen Jugendlichen, die Pelka in den sechs Jahren betreut hat, hat das gut funktioniert, sagt sie. Aber sie sagt auch: „Bei manchen Jugendlichen weiß man nicht, was aus ihnen geworden wäre, wenn wir nicht gewesen wären.“