Schüler, die ausgegrenzt werden, wissen sich meist kaum zu helfen. Foto:  

Die Realschule Waibstadt ist bundesweit die erste Schule, die zertifiziert ist in der Mobbing-Prävention. Die Schule ist Teil einer flächendeckenden Studie der Heidelberger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Waibstadt - Klaus Sauer war entsetzt. Monatelang haben Kinder an seiner Realschule in Waibstadt (Rhein-Neckar-Kreis) einen Mitschüler die Turnschuhe versteckt oder sie gleich in der Toilette versenkt. Der Junge wurde gehänselt, gepiesackt, ausgegrenzt – gemobbt nach allen Regeln der Kunst. Erst als sich die Eltern an Sauer als Rektor der Schule wandten, hörte das Ganze auf. „Ich habe die Eltern gefragt, warum sie erst jetzt kommen mit dem, was das Kind durchlitten hat“, erzählt der Schulleiter. „Sie sagten, sie hätten Angst gehabt, alles würde nur schlimmer.“

In Waibstadt soll nun niemand mehr Angst haben müssen, Hilfe zu suchen und selbst zu helfen. Die Realschule, an der 580 Kinder von 40 Lehrern unterrichtet werden, ist bundesweit die erste, die wegen der erfolgreichen Einführung eines Mobbing-Präventionsprogramms nach der sogenannten Olweus-Methode zertifiziert wurde. Das Konzept geht auf Dan Olweus zurück, einen schwedischen Psychologen, der im norwegischen Bergen an der Universität lehrt und über das Thema Gewalt an Schulen forscht. Das Konzept gilt in Norwegen und den USA als bewährtes Instrument im Kampf gegen Mobbing.

Regelmäßig hält man Klassenrat

Die Waibstädter Realschule ist eine von zwölf Schulen im Land, die vor drei Jahren unter Federführung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg damit begonnen haben, das Olweus-Programm umzusetzen. Der Rektor hatte zuvor alle schulinternen Gremien darüber abstimmen lassen, ob die Schule daran teilnehmen soll, denn das Konzept bedeute einen hohen zusätzlichen Aufwand für alle Beteiligten: Die Lehrer müssen sich weiterbilden und regelmäßig an Supervisionen teilnehmen, die Schüler befassen sich im Unterricht mit dem Thema – Schulzeit, die dann für anderes fehlt.

So hält man in Waibstadt von der fünften Klasse an einmal pro Woche Klassenrat. Dabei wird offen besprochen, was den Schülern gefallen hat und was nicht. In Rollenspielen werden bestimmte Konfliktsituationen nachgestellt, dann wird nach Lösungen gesucht. Es gehe darum, alle in der Schule für das Thema zu sensibilisieren und aufmerksamer und aktiver einzuschreiten, wenn jemand dauerhaft ausgegrenzt und so gemobbt werde, sagt Sauer.

Studie wird im Herbst vorgestellt

Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg hat untersucht, ob sich das Olweus-Programm auch an deutschen Schulen bewährt. Von den zwölf Schulen, die 2015 damit begonnen haben, ist die Hälfte allerdings während der 18-monatigen Projektphase abgesprungen – weil sie das Konzept für ihre Schule doch nicht passend fanden, weil es zu aufwendig war oder weil die Lehrer, die es als Coaches betreuten, die Schule wechselten. 2016 haben zehn weitere Schulen das Programm eingeführt, darunter das Ludwig-Uhland-Gymnasium in Kirchheim/Teck, die Ludwig-Uhland-Werkrealschule in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) und die Justinus-Kerner-Schule in Ludwigsburg. Die Ergebnisse der Studie sollen im Herbst vorgestellt werden.