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Eric Gauthier ist ein Spaßmacher, dessen Kehrseite zum Melancholiker führt. Doch lange ist es ihm nicht wohl im Nachdenklichen.

Stuttgart - Eric Gauthier ist ein Spaßmacher, dessen Kehrseite zum Melancholiker führt. Doch lange ist es ihm nicht wohl im Nachdenklichen: Der Clown stürzt sich und die seinen ins Vergnügen und reißt weite Teile des Publikums durchaus mit. Das gilt auch für das neue Programm von Gauthier Dance. Im November erlebte "M.M. and More" seine Uraufführung in Luxemburg, am 3. Dezember war im Stuttgarter Theaterhaus Deutschlandpremiere.

Irritationen schon bei "Weird Fishes" von Francesco Nappa. In der Ästhetik jungen Experimentaltheaters hat der italienische Choreograf die Tänzer Armando Braswell, William Moragas und Marianne Illig in Frischhaltefolie gewickelt und dazwischen ein paar Dessous und halterlose Strümpfe platziert. Der geschmeidige ohne Stopps dahinfließende Tanz zur Musik von Radiohead hat von dieser laienhaften Kostümierung nichts. Vielmehr wirkt die ganze Szenerie - im Hintergrund baumelt ein Foliengehäuse von der Decke - wie ein Ersatz für ein dramaturgisches Konzept.

Das ist bei Eric Gauthiers eigenen Beiträgen sichtbar. Allerdings versteckt auch er bei seinem animalischen "Orchestra of Wolves" zu Beethoven die Tanzkunst hinter einem Zuviel an Maskerade und Klamauk. Als kleines Zwischenspiel inmitten auch künstlerisch sättigender Beiträge könnte diese auf den finalen Gag zielende Groteske die pure Freude sein. Doch da sogar "M.M", Gauthiers im Plakativen stecken bleibende Hommage an Marcel Marceau, letztendlich nur durch Egon Madsens feines Mimenspiel gerettet wird, muss man sich schon fragen, was aus dem hier versammelten Talent so vieler guter Tänzer werden soll. Ihnen fehlt nicht nur die inhaltliche Herausforderung, sondern leider auch die choreografische. Einzig "Quilt" - ebenfalls von Gauthier - zeigt hier mehr Substanz. Auch wenn das erinnerte Kriegsgeschehen nur akustisch anklingt und die mit Folklore verzierten Bewegungen bald in einen Liebes-Pas-de-deux münden - der Tanz darf hier erzählen.

Was Gauthier lernen kann? Dass gerade das Leichte Tiefe braucht - und Brüche. Kein anderer verkörpert diese Mehrschichtigkeit so schön wie Egon Madsen. Das bewies er in Meryl Tankards "Merryland" und in Christian Spucks "Don Q". Bei "M.M" bekam er kaum Chancen dazu.