Mit Kettenhaube und Schwert wird aus Swen Werner von Schmalzried der Erzherzog Swenson von Falkenhorst. Foto: privat

Schwertkämpfe, Spanferkel über offenem Feuer grillen, Axtwurf oder Runenlehre – all das steht auf dem Programm, wenn sich die Mittelalter-Schwaben-Gilde aus Stuttgart-Vaihingen trifft. Was treibt die Mitglieder an?

Vaihingen - Swen Werner von Schmalzried ist eigentlich ein ganz normaler Typ. Er ist 43 Jahre alt, lebt in Vaihingen, arbeitet als Werkzeugmacher und engagiert sich im Kirchengemeinderat. Doch in seiner Freizeit versteckt er sein langes dunkles Haar regelmäßig unter einer schweren Kettenhaube, wirft sich ein Kettenhemd über – und wird zu Erzherzog Swenson von Falkenhorst. Dann trägt er neben einem Trinkhorn sein Schwert am Gürtel. Gut und gerne 25 Kilogramm wiegt diese Ausrüstung. „Es kann sein, dass ich mal mit voller Montur in der Straßenbahn sitze“, sagt er und lacht.

Seit einem Besuch auf einem Mittelaltermarkt ist Swen Werner von Schmalzried voll im Mittelalterfieber. Und er ist nicht allein. Seit 2016 gibt es in Vaihingen die Mittelalter-Schwaben-Gilde. Mehr als 20 Mitglieder – das jüngste ist sechs Jahre alt – zählt die Interessengemeinschaft; Swen Werner von Schmalzried ist der Vorsitzende. Er spricht vom einzigen organisierten Club in Stuttgart, der sich mit dieser Epoche auseinandersetzt, „ich habe wirklich gesucht, ich habe nichts gefunden“.

Klingt nach viel Hokuspokus – ist es aber nicht

An jedem zweiten Wochenende geht es – normalerweise – zurück ins 13. Jahrhundert. Auf einem gepachteten Grundstück samt Gartenhäuschen, genannt Heerlager Falkenhorst, werden nahe dem alten IBM-Gelände Schwertkämpfe trainiert, Kerzen gezogen, Spanferkel über dem offenen Feuer gegrillt oder historische Tänze geübt. Das Bogen- und Armbrustschießen sowie der Axtwurf stehen auf dem eigens eingerichteten Schießstand ebenso auf dem Programm wie Überlebenstrainings oder die Runenlehre. „Wir versuchen uns im mittelalterlichen Handwerk“, sagt Swen Werner von Schmalzried. Klingt nach ganz viel Hokuspokus und strengen Regeln, aber der Vorsitzende winkt ab. Die Gilde-Mitglieder kämen häufig auch einfach im T-Shirt. „Man soll nicht katholischer als der Papst sein, die meisten sehen das als Hobby“, stellt er klar. Und an den Schilden, Kunststoffschädeln und Schaukämpfen störe sich in der Gartensiedlung auch niemand. „Die Nachbarn stehen voll hinter uns“, berichtet Swen Werner von Schmalzried.

Mit Spaß Historisches lernen

Warum kleiden sich die Leute in historischen Gewändern, nennen sich Laika von Avalon, Florentin vom Amselbach oder Herzogin Dorothea von Fuchsbiss? Es sind die Faszination für die Geschichte und die Freude daran, sich neue Charaktere auszudenken und in andere Rollen zu schlüpfen. „Wir versuchen, so authentisch wie möglich und mit Spaß den Leuten das Historische beizubringen“, sagt der Gründer der Gruppe. Wenn man sich mit dem Mittelalter beschäftige, wirke es gar nicht mehr so dunkel. Swen Werner von Schmalzried verweist etwa auf das kunstvolle Handwerk, die Fähigkeit, Feuer oder Brot zu machen oder die effektive Kräuterkunde, „je mehr du dich reinkniest, umso interessanter wird es“. Ihm hat das Hobby sowieso schon Glück gebracht. Die holde Maid, die seinerzeit als erste Interessentin auf seinen Aufruf zur Gründung einer Mittelalter-Gruppe geantwortet hatte, ist heute seine Ehefrau. Und im April kommt das erzherzogliche Baby.