Das SPD-Mitgliedervotum ist nicht nur verbindlich, sondern spricht auch eine klare Empfehlung aus. Foto: dpa

Die Unterlagen zur Abstimmung über die große Koalition bei der SPD sind raus. Und schon wieder gibt es Ärger bei den Sozialdemokraten, weil das Anschreiben zu werblich formuliert worden sein soll.

Berlin - Als im Jahr 2011 per Volksentscheid über die Zukunft von Stuttgart 21 abgestimmt wurde, kritisierten die Projektgegner die Formulierung der Landesregierung, da das Musterexemplar tendenziös für den Bau des neuen Bahnhofs werben würde. Im Jahr 2018 stimmen 460 000 SPD-Mitglieder darüber ab, ob die Sozialdemokraten zusammen mit der CDU erneut die Regierung bilden. Die Anschreiben, die jetzt an die Genossen verschickt wurden, können nicht gerade als neutral bezeichnet werden. „Mit der SPD in Regierungsverantwortung können wir in den nächsten Jahren viel bewegen“, heißt es da zum Beispiel.

Das stößt in sozialen Netzwerken vielen bitter auf, da sie sich in ihrer Wahl durch die für sie eindeutigen Pro-Groko-Formulierungen bevormundet fühlen. Auf dem beigelegten Zweieinhalb-Seiten-Schreiben fände sich kein einziges kritisches Wort über eine weitere Legislaturperiode große Koalition – und das, obwohl die SPD laut Umfrageinstituten mit 16 Prozent die niedrigsten Umfragewerte seit den 1860er Jahren hat. Das war in der Gründungsphase der Partei.

Manche bemängeln nur die fehlende Neutralität:

Andere fühlen sich gar veräppelt:

Kevin Kühnert, Chef der SPD-Jugendorganisation, den Jusos, warb im Vorfeld energisch gegen einen erneuten Eintritt in eine gemeinsame Regierung mit der CDU. Die wichtigsten Gegenargumente: Erstens, der Ex-SPD-Chef und damalige Spitzenkandidat Martin Schulz hatte eine Regierungsbeteiligung vor der Bundestagswahl kategorisch ausgeschlossen. Zweitens, nachdem die SPD bereits zuletzt vier Jahre in einer großen Koalition als Juniorpartei regiert hatte, schade eine weitere Regierungsbeteiligung der Partei bei ihrem langfristigen Vorhaben, in absehbarer Zeit wieder die stärkste Kraft im Parlament zu werden.

Auch Kühnerts Methoden, eine neue Groko zu verhindern, ernteten Kritik. Die Jusos hatten mit der Kampagne „Ein Zehner gegen die Groko“ für befristete Parteieintritte geworben, um die Gegner einer Regierungsbildung zu mobilisieren. Auch wenn manche das als undemokratisch betrachteten, äußerte das Bundesverfassungsgericht keine rechtlichen Bedenken an dieser Praxis.

Abstimmung bis zum 2. März möglich

Doch auch das Anschreiben der Parteispitze widerspricht zumindest nicht den Parteistatuten. Schließlich wurde die Parteispitze auf dem Parteitag am 21. Januar in Bonn mit knapper Mehrheit damit beauftragt, mit der CDU in Koalitionsverhandlungen zu gehen. Somit betrachtet die Parteiführung ihre Empfehlung als legitimiert.

Was man auch von den parteiinternen Methoden halten will: Ausgezählt wird am Schluss. Bis Dienstag sollen alle SPD-Mitglieder die Wahlunterlagen für das Mitgliedervotum im Briefkasten haben. Abgestimmt werden darf spätestens bis zum 2. März um 24 Uhr. Darauf folgt die Auszählung in der SPD-Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus in Berlin.