Präsidiumsmitglied Thomas Hitzlsperger wird mit überwältigender Mehrheit bestätigt. Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart fühlt sich auf dem richtigen Weg und wird von seinen Mitgliedern im Kurs bestätigt. Doch es bleibt noch eine Menge Arbeit.

Stuttgart - Der VfB Stuttgart wächst. Zunächst an Mitgliedern. 59 043 sind es aktuell. Entsprechend hat sich der Verein für Bewegungsspiele von 1893 für seine Mitgliederversammlung aufgestellt: 5000 Stühle waren in der Halle 1 der Landesmesse aufgereiht worden. Und die beiden Plätze links hinten – ganz nah am Ausgang – waren als erstes besetzt.

Doch viele Stühle blieben leer, denn als es am Sonntagmittag losging, waren 1256 Mitglieder (später 1473) auf die Filder gekommen. Mit Bildern von VfB-Toren aus der laufenden Bundesligasaison wurde sie eingestimmt auf eine Versammlung, die auf der Tagesordnung keine allzu brisanten Themen bot. Nicht einmal die Entlastungen von Vorstand und Aufsichtsrat – in der Vergangenheit ein Mittel, um die Oberen abzustrafen – verlief emotional.

Der Aufsichtsrat wird erstmals seit 2013 wieder entlastet

Mit 78,4 Prozent wurde der Vorstand (zu dem im Geschäftsjahr 2016 der Ex-Präsident Bernd Wahler sowie die früheren Sportchefs Robin Dutt und Jan Schindelmeiser gehörten) entlastet. Der Aufsichtsrat um den Vorsitzenden Martin Schäfer, der nach vier Jahren seine Tätigkeit beendete, erhielt gar 80,7 Prozent. „Ein sehr gutes Gefühl, da wir in den vergangenen Jahren nicht gerade verwöhnt worden sind“, sagte Schäfer. Seit 2013 war sein Kontrollgremium nicht mehr entlastet worden.

Doch offenbar richtet sich der Blick beim VfB nach dem Abstieg im Mai 2016 nicht mehr nach hinten. Weshalb die Zusammenkunft als eine wichtige Etappe gilt, um die Vergangenheit abzuschließen und sich weiter fit für die Zukunft zu machen. Sportlich ist das mit dem Wiederaufstieg gelungen. Finanziell steht der VfB nach der Ausgliederung laut Finanzvorstand Stefan Heim „top“ da. Und strukturell wie personell sieht sich der Club ebenfalls gut aufgestellt. Mit dem früheren Nationalspieler Thomas Hitzlsperger und dem Unternehmensberater Bernd Gaiser wurden nun die neuen Präsidiumsmitglieder mit überwältigender Mehrheit (94,2 Prozent für Hitzlsperger, 82,4 Prozent für Gaiser) bestätigt. In dieser Funktion vertreten sie die sechs Abteilungen des Gesamtvereins. Dazu gibt es den neuen Vereinsbeirat, der künftig den Ehren- und Aufsichtsrats des Vereins ersetzt.

Präsident Wolfgang Dietrich will nicht lockerlassen

„Dieses Jahr war ein gutes Jahr“, erklärte der Präsident Wolfgang Dietrich. Doch der 69-jährige Ex-Unternehmer machte 14 Monate nach seinem Amtsantritt auch klar, dass sich die Stuttgarter auf ihren ersten Erfolgen nicht ausruhen dürfen. „Wir sind noch lange nicht am Ziel“, sagte Dietrich, der für noch für drei Jahre gewählt ist. Eine Zeitspanne, in der sich der VfB, wieder an die Spitze der Bundesliga heranarbeiten will. Mit allem, was dazu gehört.

Lächelnde Gesichter auf den Großbildleinwänden

In erster Linie ist das eine Mannschaft, die jetzt schon funktioniert – die aber auch über genügend Perspektive verfügt, um den Stufenplan umzusetzen. Bis dahin sollen zwei jetzt junge Spieler noch dabei sein, deren Vertragsverlängerung während der Versammlung bekannt gegeben wurde: Timo Baumgartl (bis 2022) und Berkay Özcan (bis 2021). Beide Talente haben sich keine Ausstiegsklausel festschreiben lassen. Das ist in diesen Zeiten ungewöhnlich – und um zu dokumentieren, wie eng die VfB-Mannschaft zusammengerückt ist, saßen Baumgartl und Özcan nebeneinander. So hatte es die Regie leicht, die lächelnden Gesichter auf die Großleinwände zu bringen. In der gleichen Reihe saßen zudem Christian Gentner, Andreas Beck und Jens Grahl.

Ein Quintett an Eigengewächsen auf das Michael Reschke verwies. Und wenn es nach dem Sportvorstand geht, dann werden in Stuttgart in Zukunft wieder mehr Toptalente den Weg nach oben finden. Voraussichtlich aber ohne ein U-23-Team als Zwischenstation. „Es ist aber noch keine Entscheidung gefallen“, sagte Reschke, der unter anderem mit dem Sportkoordinator Marc Kienle in einer Kommission sitzt, die das Thema Nachwuchsarbeit hinterfragt.

Der VfB will nicht nur in Beine investieren, sondern auch in die Infrastruktur

Bis Februar 2018 soll der Prozess der Bewertung abgeschlossen sein und das neue Jugendkonzept stehen. „Wir sind in diesem Bereich gut, aber nicht mehr Spitze“, sagte Dietrich, der den Nachwuchsbereich finanziell auf eigene Beine stellen will und bisher „40 Prozent“ des Jugendpools beisammen hat. Um acht Millionen Euro geht es dabei. Doch die VfB-Granden betonten während der Versammlung immer wieder, dass sie nicht nur in Beine investieren wollen, sondern ebenso in Infrastruktur.

Die ersten Maßnahmen sind dabei abgeschlossen: Zwei Trainingsplätze wurden renoviert. Bis 2019 sollen weitere Felder modernisiert sein. Dazu kommen die Umbauarbeiten im Schlienzstadion. Dort wird ein High-Tech-Platz entstehen. Mit Rasenheizung, Kameras zur Trainingsanalyse so wie einem Vorhang, der ein Geheimtraining, aber auch öffentliche Einheiten zulässt. Als Stärkung des Standorts wird das verstanden. „Die oberste Prämisse ist, dass wir an der Mercedesstraße bleiben können“, sagte Finanzchef Heim. Eine weitere Vorgabe ist, dass der VfB bei seiner Entwicklung weiter aufs Tempo drücken will – wie in seiner Mitgliederversammlung, die nach fünf Stunden beendet war.