Um selber Kaffee zu rösten, braucht man nur grüne Kaffeebohnen und eine Popcornmaschine. Die Bilderstrecke zeigt, wie’s geht. Foto: Jan Georg Plavec

Es gibt viele Möglichkeiten, daheim Kaffee zu rösten. Am besten geht’s mit einer Popcornmaschine. Wir haben es ausprobiert und verraten, ob sich der Aufwand lohnt – und wie der Kaffee schmeckt.

Stuttgart - Kaffee selber rösten ist wie Brot backen: kann man machen, muss man nicht machen, macht aber Spaß. Die neuste DIY-Welle, also do it yourself, lässt den Absatz von Bierbrausets steigen – und, spätestens nach diesem Beitrag, auch die Nachfrage nach Popcornmaschinen. Mit denen kann man nämlich auch Kaffee rösten. Erstaunlicherweise schmeckt der sogar ganz gut und ist möglicherweise auch günstiger.

Die Erstberatung kommt totzdem vom Profi. Nicht wenige in Stuttgart sagen, dass Stefan Dachale im Mókuska in Stuttgart-West den besten Kaffee der Stadt röstet. Jedenfalls hat er eine beeindruckende Rösttrommel in seinem Café stehen. Montag ist Rösttag, 2016 hat Dachale sechs Tonnen Kaffee geröstet. Damit zählt er zu den ganz kleinen Röstereien. Aber auch zu denen mit Computerunterstützung. Dachale hängt seinen Laptop an die Trommel, kippt einen großen Eimer grünen Kaffee in die Trommel – und dann geht’s los. Der Computer kontrolliert Hitze und Röstverlauf; nach etwa einer Viertelstunde sind aus den grünen Bohnen braune Bohnen geworden. So leicht geht’s – wenn der Profi arbeitet.

Warum die Popcornmaschine am besten ist

Selber Kaffee zu rösten sei ein mühsames Unterfangen, warnt Stefan Dachale. Man müsse dafür sorgen, dass die Hitze gleichmäßig an die Bohnen gelangt; dass die Luftzufuhr stimmt; es gelte, Luftdruck und Temperatur im Auge zu behalten. Zudem brauche man exzellente Zutaten, das richtige Gespür – und das entsprechende Gerät. Von der Firma Ikawa gibt es Geräte für wenige Tausend Euro und einen Kompaktröster für rund 500 Euro. Auch die Firma Gene hat einen Heimröster im Programm, der um die 500 Euro kostet. Und wenn auch das für den Anfang zu teuer ist? „In der Pfanne zu rösten erzeugt extrem viel Rauch und die Hitze wird unter Umständen nicht perfekt verteilt“, sagt Stefan Dachale. Dasselbe gelte für die in einschlägigen Online-Foren mehrfach erwähnte Variante, mit einer Heißluftpistole zu rösten. „Am erfolgversprechendsten ist wohl die Popcornmaschine“, meint der Profi.

Dachale sagt auch noch, warum eine Popcornmaschine besonders gut zum Kaffeerösten geeignet ist. Beim Rösten löst sich als erstes die grünliche Haut von der Kaffeebohne. Eine Popcornmaschine hat wie eine richtige Rösttrommel ein Gebläse, das diese – sehr leichte – Bohnenhaut von der Hitze wegbläst. In der Pfanne wäre die Haut weiterhin der Hitze ausgesetzt und würde verkohlen. Außerdem zirkulieren die Kaffeebohnen während des Röstvorgangs permanent in der Maschine, so wirkt die Hitze gleichmäßig.

Das klingt überzeugend. In mehreren Amateurrösterforen im Netz wird der „Popcornautomat Severin PC 3751“ empfohlen, der kostet um die zwanzig Euro. Weil Stefan Dachale vom Mókuska einem zur Verabscheidung ein paar hundert Gramm grüne Kaffeebohnen zusteckt, kann es rasch losgehen.

50 Gramm Kaffeebohnen – und ein Profitipp

Für das Rösten braucht es außer den Zutaten nur ein bisschen gesunden Menschenverstand – und einen Tipp vom Profiröster. 50 bis 100 Gramm Kaffeebohnen finden in der Popcornmaschine locker Platz. Eingefüllt und eingeschaltet, schon drehen sich die Bohnen im heißen Luftstrom. Nach drei Minuten weht der die ersten Hüllen hinaus; etwas später erste Bohnen, die wegen der Hitze Wasser und damit Gewicht verloren haben. Die kann man mit kleinen Schälchen auffangen.

Der besagte Profitipp bezieht sich auf den „First Crack“. Nach wenigen Minuten Rösten ist in der Popcornmaschine ein Knacken zu hören. Die Hülle der Bohnen platzt unter der Hitze auf. „Jetzt beginnen die chemischen Prozesse, die später den Kaffeegeschmack ausmachen“, hat Stefan Dachale gesagt. Je nachdem, wie lange und bei welcher Temperatur man die Bohnen nach dem „First Crack“ röstet, schmeckt der Kaffee nussig, würzig, kräftig, bekömmlich ... „Wenn die Bohnen zum zweiten Mal knacken, ist es zu spät“, hat der Profiröster gewarnt. Starke Nerven muss haben, wer seinen Kaffee kräftig mag und die Bohnen dafür lange röstet.

Wir haben beim ersten Rösten ein kleines Video gedreht:

Nach zehn Minuten in der Popcornmaschine sind die Bohnen von einem Ölfilm überzogen. Am Ende des Röstvorgangs, also nach 15 bis 20 Minuten, glänzen sie tiefschwarz im Schälchen. Außerdem hat die Popcornmaschine die kurz nach Röstbeginn abgefallene Haut der Kaffeebohnen ausgespuckt sowie wenig später einige nur leicht geröstete Bohnen. Die kann man essen: Sie sind ein sehr knackiger, leicht nussig-süß schmeckender Snack, der sich hervorragend etwa zu Schokolade macht.

Die dunkel gerösteten Bohnen sollen mindestens 24 Stunden lang an der Luft ruhen; je länger, desto besser kann der Geschmack ausreifen. Dann geht es ans Mahlen, Kaffeemachen und Kaffeetrinken.

Die Zubereitung, mal in der Siebträger- und mal in der Filtermaschine, ergibt: Der selbstgeröstete Kaffee schmeckt kräftig und hat eine angenehme Crema. Die Aromen sind bei weitem nicht so komplex wie die Röstungen aus dem Mókuska oder anderen, auf besondere Qualität ausgerichteten Röstereien. Aber mit einem Discounter- oder erst recht einem Automatenkaffee kann es das selbstgemachte Getränk locker aufnehmen.

Ob sich das lohnt, muss jeder für sich selbst ausrechnen. Ein Kilo Kaffee kostet beim Discounter zwischen sechs und zwölf, bei Mókuska 30 bis 40 Euro. Grüne Kaffeebohnen gibt es ab etwa 10 Euro das Kilo. Rein preislich lohnt sich das also nur, wenn man keinen Billigkaffee trinkt – und dazu kommt noch der eigene Zeitaufwand. Dass man mit einer 20-Euro-Popcornmaschine dieselbe Röstqualität hinbekommt wie mit einer computergestützten, zwei Meter langen Profi-Rösttrommel (wie sie im Mókuska zum Einsatz kommt), darf als ausgeschlossen gelten. Aber, und das könnte ein Argument sein: selbst gerösteter Kaffee ist ein hübsches Mitbringsel oder Geschenk – das man mit der Popcornmaschine ohne größeren Aufwand hinbekommt.