Das Peace-Zeichen kann ebenso auf die Straße gemalt werden wie andere Symbole für den Frieden – oder Worte. Foto: picture-alliance

Diesen Donnerstag liegen in Marbach und Benningen Kreidestifte aus, mit denen Menschen Gedanken zum Thema Frieden auf die Straße schreiben oder malen können.

Marbach - Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal. Die ökumenische AktionFriedenszeichen“ will Menschen zusammenbringen – im Nachdenken über die Bedeutung des Friedens für das persönliche Leben, aber auch für die Gesellschaft. Denn Friede, betont Birgit Gündner, braucht die Verbindung zwischen Menschen, braucht das Kennenlernen. Seit der Studienzeit engagiert sich die langjährige, ehemalige Marbacher Stadträtin im Internationalen Versöhnungsbund, einer Friedensorganisation, die zu Beginn des Ersten Weltkrieges von Christen gegründet wurde und heute von Angehörigen unterschiedlicher religiöser Bekenntnisse und Weltanschauungen getragen wird. Zusammen mit Pfarrerin Karin Schweikert und Pfarrerin Barbara Bürkert-Engel hat sie in Zeiten von Corona für Marbach und Benningen eine gleichermaßen ungewöhnliche und kreative Aktion entwickelt.

75 Jahre Kriegsende – der Termin steht für die Marbacher Kirchengemeinde schon länger im Kalender, erzählt Barbara Bürkert-Engel. Geplant war eine Gedenkfeier. Es war alles angemeldet bei der Stadt – und dann kam Corona. „Plötzlich war immer weniger möglich und die geplante Veranstaltung musste sich sozusagen häuten“, erzählt die Marbacher Pfarrerin. Doch Zeiten wie diese bringen auch die Chance, Neues zu entwickeln und Ideen auf den Weg zu bringen.

Die Aktion Friedenszeichen passt zur Schillerstadt, findet Bürkert-Engel. Sie ist geprägt vom Marbacher Geist, mit Worten zu arbeiten. Am Donnerstag und Freitag werden in Benningen und in den Marbacher Stadtteilen sowie in der Kernstadt Straßenkreiden ausliegen. Mit ihnen können Menschen ihre Ideen und Gedanken zum Frieden mit Worten und in Bildern auf die Gehwege und Plätze schreiben und malen. „Straßenkreide ist bunt, auffallend und verursacht keine Sachbeschädigung, also fröhlich geschrieben“, fordert das Damen-Trio auf. Worte können Welten öffnen und bewegen. Und die Aktion ist dazuhin Corona-konform, denn geschrieben oder gemalt wird nicht in der Gruppe und gleichzeitig, sondern nacheinander, so wie es für die Menschen passt. Texte und Bilder können andere Menschen dann zur Kreativität motivieren und inspirieren, sodass Verbindung entstehen kann. „Wir hoffen, dass wir durch diese Aktion alle Generationen erreichen können, aber auch Menschen mit unterschiedlichen Konfessionen und Kulturen, betont Barbara Bürkert-Engel. „Wir wollen viele aktivieren und den Frieden sinnbildlich auf den Weg bringen. Frieden ist ein weltweites Thema, für uns hier und vor allem für die Menschen, die in Kriegsgebieten leben oder fliehen müssen. Frieden braucht Menschen, die sich zusammentun und miteinander nachdenken, was Friede ist und was ihn fördert, welche Friedensbilder wir in uns haben und welche Lieder wir von ihm singen . . .“

Dass in Deutschland Frieden herrsche sei für viele Menschen selbstverständlich geworden, weiß Birgit Gündner. Und doch stelle die aktuelle Corona-Krise eine besondere Zeit dar. Sie bringe viele Menschen zum Nachdenken, so ihre Beobachtung in den vergangenen Wochen. Fragen würden gestellt. Frieden beziehungsweise ein Stop von Kampfhandlungen sei wichtig, betont sie. So habe auch UN-Generalsekretär António Guterres die „bewaffneten Akteure“ auf der ganzen Welt aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen, um den Menschen in Konfliktgebieten eine bessere Chance zu ermöglichen, das durch COVID-19 verursachte Leid zu bekämpfen und sich auf das vorzubereiten, was vor ihnen liegt. „Gemeinsam müssen wir daran arbeiten, friedlichere, widerstandsfähigere und wohlhabendere Gesellschaften aufzubauen“, zitiert Gündner den Generalsekretär. Die Einstellung der Kämpfe könnten dazu beitragen, die Bedingungen für die Bereitstellung lebensrettender Hilfe zu schaffen.

Schon vor zehn Jahren habe es im Deutschen Bundestag einen fraktionsübergreifenden Antrag und Beschluss aller Parteien gegeben, dass die in Deutschland stationierten Atomwaffen abgezogen werden sollten, erinnert Gündner. Das Ziel einer atomwaffenfreien Welt eine alle Fraktionen des Bundestages. Das sei während der Abrüstungsdebatte damals deutlich geworden. „Deutschland hat ja den Atomwaffenverbotsvertrag noch nicht unterzeichnet, obwohl sich vor allem 2017 einzelne Bundesländer, Abgeordnete von Bund und Ländern, Landkreise und Städte in großer Zahl für diese Unterzeichnung eingesetzt haben. Das entspricht etwa 25  Prozent der deutschen Bevölkerung“, erinnert Gündner. „Jetzt ist die Zeit, um abzurüsten.“

Die Aktion am 7. und 8. Mai:

Wo liegt Kreide?
Straßenkreiden stehen am Donnerstag, 7. Mai, bereit im Außenbereich des katholischen Gemeindehauses in der Ziegelstraße; vor der Stadtbücherei in der  Hauffstraße; vor dem Familienzentrum und dem Rathaus in der Marktstraße; vor dem Martin-Luther-Haus in der  Steinerstraße; vor dem Pfarrhaus Ost in der Friedensstraße; vor dem Gemeindehaus der evangelisch-methodistische Erlöserkirche Schafgartenstraße; vor dem Infokasten Hörnlesweg/ Steigäckerstraße und vor dem Christophorushaus im Hörnle. Auch in Rielingshausen und in Benningen wird Kreide bereitgestellt – dort vor der katholischen und evangelischen Kirche.

Wann läuten Glocken?
Am Freitag,  8. Mai, werden um 12 Uhr Kirchenglocken in der Stadt Marbach, im Hörnle und in Rielingshausen läuten und zum Innehalten einladen.

Wer ist verantwortlich?
Die Initiatorinnen der Aktion Friedenszeichen sind  Pfarrerin  Barbara Bürkert-Engel von der evangelischen Kirchengemeinde Marbach; Birgit Gündner, von der katholischen Kirchengemeinde Marbach; Pfarrerin Karin Schweikert, FSG Marbach. kaz