Zwischen Black Friday und Ende Januar hat Zusteller Panagiotis Sidiropoulos rund 25 Prozent mehr zu tun als im restlichen Jahr. Foto: /Jürgen Bach

Stress vor dem Fest? Der Postbote Panagoitis Sidiropoulos hat auf seiner Tour durch Leonberg einiges zu tun. Vor den Feiertagen empfiehlt er Nachsicht.

Es gibt sie noch, die Karten und Briefe, auf die wohlmeinende Menschen goldfarbene Sternchen geklebt haben. Panagiotis Sidiropoulos (51) steckt sie in Briefkästen, sodass sie ganz darin verschwinden, denn andernfalls beschweren sich Kunden auch mal über durchnässte Post. Er macht das hunderte Male am Tag, einhändig, denn mit der anderen Hand presst er währenddessen beispielsweise Pakete an seinen Körper.

Mit dem freien Handrücken öffnet er also den Briefschlitz, mit den Fingern schiebt er Umschläge hinein, die mit Sternchen verziert sein mögen, die aber auch Rechnungen enthalten können oder Behördenschreiben. Die Weihnachtswünsche stelle er oft erst nach den Feiertagen zu, weil viele Leute sie einfach zu spät abschicken würden, sagt Sidiropoulos, der mal Kfz-Mechaniker gelernt hat und seit zehn Jahren als „Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen“, vulgo Postbote, bei der Deutschen Post AG arbeitet. Und die Behördenbriefe kommen manchmal per Einschreiben.

Manchmal passt der Name nicht zur Adresse

„Einer hat mich mal angepöbelt“, erzählt Panagiotis Sidiropoulos, „der wollte den Brief nicht haben.“ Er nimmt das gelassen, schreibt „Annahme verweigert“, und der Brief geht zurück zum Zustellstützpunkt Leonberg, wo Sidiropoulos von 7.15 Uhr morgens an beginnt, seinen gelben rechtslenkenden Elektro-Transporter mit rotem DHL-Logo zu beladen. So geht es auch den Briefen, die er in der Gebersheimer Straße vorübergehend in seine Hosentasche steckt, weil der Name auf dem Briefumschlag auf keinem Briefkasten steht – zumindest nicht unter der auf dem Umschlag notierten Adresse.

Weil Panagiotis Sidiropoulos als „Verbundler“ arbeitet, wie Postbediensteteintern genannt werden, die sowohl Briefe als auch Pakete zustellen, klemmt er seine Herausforderungen unter den linken Arm, und manchmal schleppt er auch drei oder mehr Pakete zum Hauseingang, wo er sie abstellt, läutet, und dann im Idealfall sagt: „Guten Morgen, hallo, ich hab‘ was für Peter Müller.“ Im zweitidealsten Fall ist Peter Müller nicht zu Hause, aber ein Nachbar öffnet die Haustür, damit Panagiotis Sidiropoulos seine Pakete ins Treppenhaus stellen kann.

Und manche Kunden haben einen sogenannten Abgabevertrag abgeschlossen, dann werden die Pakete am vereinbarten Ort abgestellt, beispielsweise auf der von außen nicht einsehbaren Terrasse, die Sidiropoulos trotzdem schnell findet, denn „weit kann sie nicht sein“. Was mit dem jeweiligen Paket wann geschieht, vermerkt er sofort digital.

Krafttraining für den harten Job

Nachdem Panagiotis Sidiropoulos fünf oder auch zehn Minuten zu Fuß unterwegs war, steigt er in seinen Lieferwagen, fährt ein paar hundert Meter und beginnt zu Fuß von vorne. Auf zehn bis zwölf Kilometer Fußweg kommt er beim täglichen Verteilen von ungefähr 100 Paketen und 400 anderen Sendungen, also Briefen, Maxibriefen und Werbebroschüren, bis kurz nach 15 Uhr. „Es ist ein harter Job“, sagt er im Fitnessstudio, nachdem er dort zwei Pakete abgeliefert hat. Er trainiert dort auch seit Jahren, zwar nicht im Moment, weil vor Weihnachten bei der Post zu viel los ist, aber nach den Feiertagen wieder, sicher. „Krafttraining hilft bei der Arbeit“, sagt er.

Doch der gebürtige Leonberger, der in der Nähe des Fitnessstudios wohnt, mag seinen harten Job. Er fände es gut, dass ihm kein Chef im Nacken sitze, wenn er unterwegs ist, sagt Panagiotis Sidiropoulos: „Und ich finde es schön draußen an der frischen Luft – nicht in einer Halle, wo es stickig ist.“ Die großzügigen Trinkgelder, die Zusteller vor Weihnachten angeblich erhalten, seien hingegen kein besonderer Grund für Freude an der Arbeit: „Ältere Leute geben manchmal einen oder zwei Euro oder eine Tafel Schokolade.“

Bis Ende Januar ist besonders viel los

75 Zusteller kümmern sich vom Zustellstützpunkt Leonberg aus um 75 Zustellbezirke. Und weil von Ende November, wenn die Online-Händler ihre Black Fridays ausrufen, bis Ende Januar, wenn die Geschenkgutscheine eingelöst und nicht hinreichend goutierte Weihnachtswaren retourniert sind, rund 25 Prozent mehr los ist als sonst im Jahr, stellt die Post für diesen Zeitraum zusätzlich 14 Aushilfen ein. In Spitzenzeiten stellt sie so deutschlandweit bis zu elf Millionen Pakete täglich zu, im Jahresdurchschnitt sind es etwa 6,7 Millionen Pakete täglich.

Die mit den aufgedruckten Logos der einschlägigen Online-Riesen, die Panagiotis Sidiropoulos zu Leonberger Reihenhäusern trägt, scheinen nicht unbedingt Krafttraining zu erfordern. Aber dann fährt er weiter, stoppt zwischen einer Ansammlung von Autohäusern, fischt aus den Regalen im Laderaum seines gelben Transporters ein Packstück, dessen Bewegung offenbar mehr Muskelkraft erfordert, und schleppt es in den Verkaufsraum eines Autohändlers. Er wirkt nicht wie ein Typ, der sich leicht aus der Ruhe bringen lässt. Für die Vorweihnachtszeit empfiehlt er „Nachsicht“.