Ein kleines Boot, der Atlantik und ein großer Traum: Die 17-jährige Carla Hénon-Steck aus Vaihingen an der Enz will allein von Frankreich bis in die Karibik segeln. Der Weg dorthin ist noch lang.
Es ist nichts Ungewöhnliches, dass junge Menschen nach dem Schulabschluss erst einmal auf Reisen gehen wollen. Nicht selten führt der Weg zum Work and Travel nach Australien oder in die USA.
Die 17-jährige Carla Hénon-Steck aus Vaihingen an der Enz hat allerdings einen besonderen Plan. In etwas mehr als zwei Jahren möchte sie an der Mini Transat teilnehmen. „Die Mini Transat ist eine Regatta, bei der die Teilnehmer in einem 6,50 Meter langen Boot von Frankreich in die Karibik segeln – ohne Hilfe von außen und ohne moderne Elektronik“, erklärt Hénon-Steck. Für die Schülerin scheint das jedoch noch nicht Abenteuer genug zu sein. Sie wird diese Reise ganz alleine antreten.
Seit ihrer Kindheit spielt das Segeln in ihrem Leben eine große Rolle. „Mein Vater ist Franzose, wir haben an der Bretagne ein Ferienhaus am Meer, da fahren wir immer in den Ferien hin“, berichtet sie. Dort habe sie auch das Segeln gelernt. Inzwischen hat sie viele Seemeilen auf dem Wasser verbracht.
Tausche Klassenzimmer gegen Segelschiff
Ihre bisher wohl aufregendste Segelerfahrung war das Projekt „Klassenzimmer unter Segeln“. Schüler der 10. und 11. Klassen können sich bewerben, einen Teil ihres Schuljahres auf einem Segelschiff zu verbringen. „Auf der ‚Thor Heyerdahl’ sind wir von Deutschland über den Atlantik bis in die Karibik gesegelt“, sagt sie. Über eine Serie im KiKa habe sie von dem Projekt erfahren und sofort gewusst, dass sie das machen will. Ihre Eltern musste sie nicht überzeugen. „Sie fanden das Projekt sehr cool und meinten, ich soll das unbedingt machen, wenn ich angenommen werde.“
Über ein halbes Jahr auf dem Segelschiff
Im Oktober 2022 war es dann soweit. Nach einer Sommerreise auf der „Thor Heyerdahl“ und einem Bewerbungsverfahren stach die damals 14-Jährige mit der 50-köpfigen Crew in See. Sechseinhalb Monate verbrachte die Gruppe aus 34 Schülern, 5 Lehrern und der restlichen Besatzung gemeinsam auf See und in fremden Ländern. Diese Zeit in wenigen Worten zu beschreiben, ist schlicht unmöglich. „Meistens sind es die kleinen Momente, an die ich häufig zurückdenke“, sagt Hénon-Steck. Nachts den Sternenhimmel zu sehen oder das erste Mal ins Meer zu springen. Während der Reise gibt es sogenannte Schiffsübergaben, bei denen die Schüler das Kommando an Bord übernehmen. „Kurz vor der Ankunft war ich die Kapitänin und durfte das Schiff in die Karibik segeln. Das war toll.“ Während andere Segler Stürme auf hoher See nicht so toll finden, freut sich Hénon-Steck über die Abwechslung. „Ich fand es cool, da ist Action und es passiert noch mal was.“
Für die Segelregatta fehlt der Schülerin noch das passende Boot
Die Leidenschaft fürs Segeln sieht man der Schülerin an. Ihre Augen funkeln, wenn sie von ihrem nächsten Projekt berichtet. „Im September 2027 startet die Mini Transat in Frankreich.“ Bis dahin muss sie noch einige Dinge erledigen. „Am dringendsten brauche ich jetzt erst mal ein Boot“, sagt sie. Um sich für die Regatta qualifizieren zu können, muss sie eine bestimmte Anzahl an Seemeilen auf dem Boot gesegelt sein, mit dem sie bei der Mini Transat antreten möchte. Günstig ist das allerdings ganz und gar nicht. „Ein Boot, mit dem ich auch sportlich präsent sein kann, kostet etwa 120 000 Euro.“ Kosten für Startgebühren, ein neues Segel und weiteres Material kommen noch dazu. Nur durch Taschengeld und ihre Jobs als Trainerin im Turnen und Reiten kann sie diese Summen nicht stemmen.
Direkt nach der Ausbildung soll es losgehen
Hénon-Steck glaubt an ihren Traum und versucht aktuell Sponsoren für sich zu gewinnen. „Man kann beispielsweise auf dem Boot, dem Segel oder meiner Kleidung mit seinem Logo präsent sein.“ Auch eine Crowdfunding-Kampagne hat sie gestartet. „Das ist alles etwas knapp getimed“, gibt sie zu. Nach ihrem Abitur, das sie dieses Jahr schreibt, möchte sie eine Ausbildung als Bootsbauerin in Frankreich machen. „Die Ausbildung geht bis August 2027. Im September geht dann die Regatta in die Karibik schon los.“
Die Gefahren der Reise sind ihr bewusst
Bei ihren Erzählungen wirkt Hénon-Steck fast furchtlos. Der Gedanke, allein über den Atlantik zu segeln, mache ihr wenig Sorgen. „Aktuell habe ich am meisten Respekt davor, das Geld zusammen zu bekommen“, sagt sie. „Ich bin Schülerin, da muss man mir erst mal vertrauen um mir so viel Geld in die Hand zu geben.“ Die Gefahren der Reise sind ihr, bei all der Euphorie, dennoch bewusst. „Es kann immer etwas passieren“, sagt sie. „Wenn es ganz blöd läuft, komm ich nie wieder zurück.“ Doch die junge Frau fühlt sich gut vorbereitet. „Das Segeln kann ich lernen und habe ich auch schon viel gemacht.“ Auch die Ausbildung zur Bootsbauerin hat sie nicht nur gewählt, weil sie der Beruf interessiert. „Es ist sicher praktisch das ein oder andere am Boot selbst reparieren zu können.“
In den Osterferien startet sie bei einer Regatta in Frankreich. Die Vorbereitungen für das Abitur dürfen aber nicht zu kurz kommen. „Das musste ich meinen Eltern versprechen.“