Unsere Autorin Fatma Tetik fühlt sich ziemlich schnell sicher auf dem Segway, und dann hat das Gefährt auch noch lila Felgen. Das ist ihre Lieblingsfarbe. Foto: Fatma Tetik

Wie elektrisch sind die Bewohner der Filder unterwegs? Was gut läuft und woran es hapert, erläutert eine Serie rund ums Thema E-Mobilität. Diesmal: Unsere Mitarbeiterin Fatma Tetik rollt mit dem Segway über die Filder.

Filder - Kein Hebel, kein Gaspedal, keine Bremse – wer mit einem Segway fahren will, muss umdenken. Denn einfach drauf steigen und losfahren ist nur Naturtalenten vergönnt. Bevor es also mit dem elektrischen Trendmobil durch das malerische Siebenmühlental geht, muss geübt werden.

Für einen Crashkurs treffe ich mich mit Helmut Butter, der mit seiner Firma Filder-Segtours seit einigen Monaten geführte Touren in der Filderregion anbietet. „Ich bin mir sicher, Sie wollen später gar nicht mehr runter“, sagt der Unternehmensberater aus Echterdingen und reicht mir einen Helm. Nach einer theoretischen Einweisung in den Elektrostehroller geht es mit wackligen Beinen und pochendem Herzen auf die Plattform zwischen den zwei Rädern.

Das Segway kippt nicht um

Die Sorge, das Teil könnte umkippen, ist unbegründet, erklärt der Fahrtrainer. Eine neuartige Technik, die im Segway verbaut ist, sorgt dafür, dass es im Gleichgewicht bleibt und sich selbst ausbalanciert. Ich erfahre, dass es wichtig ist, die Lenkstange festzuhalten und danach zügig und präzise aufzusteigen. Kaum stehe ich auf der Bodenplatte, setzt sich das High-Tech-Vehikel in Bewegung. „Versuchen Sie, den Körper ruhig zu halten“, lautet der Tipp des Profis. Intuitiv ziehe ich den Bauch ein und spanne die Pobacken an. Es ist gewöhnungsbedürftig, sich darauf zu konzentrieren, ruhig zu bleiben. Doch es klappt, das Fahrzeug bleibt stehen.

Nun geht es auf der Teststrecke ans Eingemachte. Vorwärtsfahren, lenken, bremsen und Hindernisse umfahren. Im Prinzip ist die Bedienung des Segways einfach. Das Fahrzeug bewegt sich allein durch Verlagerung des Körpergewichts. Lehnt man sich mit dem Oberkörper nach vorne, beschleunigt der Elektromotor. Lehnt man sich zurück, setzt die Bremswirkung ein. Bringt man den Körper in die Mitte, steht der Segway auf der Stelle. Ermöglicht wird das durch sogenannte Gyroskop- und Beschleunigungssensoren, die sich in der Bodenplatte befinden.

In sechs bist acht Stunden ist der Akku aufgeladen

Auch die restliche Technik des Segways, für das eine eigene Fahrzeugklasse, die „elektronische Mobilitätshilfe“, (kurz „eMo“) geschaffen wurde, kann sich sehen lassen. Der leistungsstarke Elektromotor bezieht seine Kraft aus einem Lithium-Ionen-Akku, welcher über die Steckdose aufgeladen wird. Ein vollständiger Ladevorgang dauert etwa sechs bis acht Stunden. Bei voller Akkuleistung schafft der Segway emissionsfrei und nahezu geräuschlos eine Strecke von bis zu 38 Kilometern und kann dabei auf bis zu 20 Kilometer in der Stunde beschleunigen. „Wenn wir Fußgänger passieren, reduzieren wir die Geschwindigkeit grundsätzlich“, erklärt Helmut Butter.

Wie bei Elektroautos wird nach dem Prinzip der Rekuperation beim Bremsen oder bei Bergabfahrt elektrische Energie zurückgewonnen und in den Akkus gespeichert. Gefahren werden darf auf Radwegen, Radfahrstreifen, Schutzstreifen oder Radwegefurten, innerorts ersatzweise auch auf Fahrbahnen. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf die Fahrbahn nur dann genutzt werden, wenn es sich nicht um Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen handelt. Alle sicherheitsrelevanten Elemente sind doppelt verbaut; so kommt der Segway bei einem eventuellen Ausfall eines Bauteiles trotzdem stabil und sicher zum Stehen.

Mit diesen Informationen werde ich auf dem Segway deutlich entspannter. Das anfängliche Zögern weicht allmählich der Experimentierfreude. Die Kurven bewältige ich immer fließender und schneller. Passanten bleiben stehen und beobachten meine Fahrversuche. „Wie lange üben Sie schon“, fragt ein Spaziergänger. Knapp eine Viertelstunde, lasse ich den Mann wissen, während ich den Segway langsam aber sicher durch einen aufgebauten Parcours lenke. „Das bedeutet also, das kann jeder Depp“, mutmaßt der Mann.

Bergauf bleibt man nicht stehen

Nicht ganz, erklärt Helmut Butter. Da der Segway im Sinne der Straßenverkehrsordnung ein Kraftfahrzeug darstellt, ist für die Nutzung ein Mofa-Führerschein (ab 15 Jahren) notwendig. Das Mindestgewicht für Fahrer liegt aus Sicherheitsgründen bei 45, das Maximalgewicht bei 118 Kilogramm. Festes Schuhwerk wird bei den Touren vorausgesetzt. Vor Antritt einer Tour muss jeder Fahrer am Fahrtraining teilnehmen. Dazu gehört auch das Einüben einer steilen Auf- und Abfahrt, die ich ebenfalls gut meistere. Eine ausgeklügelte Bordelektronik verhindert, dass man bergauf stehenbleibt oder bergab zu schnell wird.

Vorbei an Radfahrern, die keuchend in die Pedale treten und Spaziergängern, die sich noch archaisch auf zwei Beinen durch die Natur bewegen, bewältige ich auch hügeliges Terrain problemlos. Als ich am Ende der kleinen Tour unbeschadet absteige, fühlt es sich an, als würde ich schweben. Autofahren ist plötzlich anstrengend. Privat werde ich aber trotz allem weiter aufs Gaspedal treten, was auch an den hohen Anschaffungskosten für den Segway liegt. Rund 10 000 Euro zahlt man für das trendige Öko-Rad – so viel wie für einen kleinen Neuwagen. Die nächste Tour durch das Siebenmühlental ist aber bereits gebucht.

Unsere Online-Themenseite

Unsere Geschichten zur E-Mobilität auf den Fildern bündeln wir unter www.stuttgarter-zeitung.de/thema/Serie-E-Mobilität und www.stuttgarter-nachrichten.de/thema/Serie-E-Mobilität