Mit über 60 Filmen gehörte Chabrol zu den bedeutendsten Filmemachern Frankreichs.

Paris - Der französische Regisseur Claude Chabrol ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 80 Jahren, wie das Pariser Rathaus mitteilte. Mit mehr als 60 Kinofilmen gehörte Chabrol zu den bedeutendsten Filmemachern Frankreichs.

Er hat maßgeblich die französische Nouvelle Vague (Neue Welle) mitgeprägt, eine Bewegung gegen das etablierte Kino. Zu seinen Klassikern zählen "Eine untreue Frau" (1968), "Das Biest muss sterben" (1969) sowie "Der Schlachter" (1969)".

Frankreichs Film- und Kulturwelt würdigte Chabrol als Antikonformisten, als Meister der Ironie sowie als einen engagierten, geistreichen und lebensfreudigen Kollegen. Für Schauspieler Gérard Depardieu, der 2009 in Chabrols letztem Langfilm "Kommissar Bellamy" spielte, verkörperte Chabrol die Leidenschaft, die Kindheit, "er wusste zu lachen", sagte Depardieu im französischen Radiosender RTL.

"Er gehörte zu jenen, die das internationale Kino erneuert haben", erklärte Thierry Frémaux, der künstlerische Direktor des Filmfestivals von Cannes. Die Nachricht habe ihn wie ein Donnerschlag getroffen, weil Chabrol mit einer derartigen Energie und Lebensfreude arbeitete, dass man den Eindruck hatte, er könne nicht aus dem Leben verschwinden, äußerte sich der Festivaldirektor auf den Internetseiten des Nachrichtenmagazins "Le Nouvel Observateur".

In der Nouvelle Vague wandten sich französische Filmemacher wie Chabrol, François Truffaut und Eric Rohmer gegen das etablierte und angepasste Kino. Das Schlagwort des "Autorenfilms" entstand, dessen Markenzeichen der individuelle Stil des jeweiligen Regisseurs ist. In seinen Filmen nahm Chabrol vor allem die französische Bourgeoisie kritisch unter die Lupe, jedoch mit viel Ironie und Distanz. So wie viele der damals jungen französischen Filmemacher verehrte auch er Alfred Hitchcock. In zahlreichen Filmen spiegelt sich dessen Einfluss des Abgründigen und Doppeldeutigen wider. Zu Chabrols bevorzugten Themen gehörten Obsession und Abhängigkeit, Bourgeoisie und Bigotterie.

Chabrol wurde am 24. Juni 1930 als Sohn eines Apothekers in Paris geboren. Als Kind schon interessierte er sich für den Film und gründete einen Filmclub in einer Garage. Doch studierte er zunächst Literaturwissenschaft an der Sorbonne, dann Jura und nicht zuletzt Pharmazie - den Eltern zuliebe. Im Jahr 1953 schließlich begann er für die Filmzeitschrift "Cahiers du cinéma" zu schreiben. Knapp fünf Jahre später folgte sein erster Film "Le beau Serge". Nur ein Jahr später gewann er mit seinem zweiten Film "Schrei, wenn du kannst" 1959 den Goldenen Bären bei der Berlinale.

"Seine Artikel in den Cahiers du cinéma und sein erster Film machten ihn zu einer der Leitfiguren der Nouvelle Vague", erklärte am Sonntag Frankreichs Kulturminister Frédéric Mitterrand in einer Pressemitteilung. Seine witzige, geistreiche und mitleidslose Gesellschaftsanalyse, sein schalkhafter und tödlicher Blick machten ihn zu einem Antikonformisten par excellence und zu einem Meister der Ironie, hieß es weiter.

Weitere Hauptwerke Chabrols sind das "Traumpferd" (1980) sowie "Die Fantome des Hutmachers" (1982). Zu Beginn der 80-er Jahre begann Chabrol auch verstärkt für das Fernsehen zu arbeiten. Zu den Lieblingsschauspielerinnen des Meisters, der in seinen Streifen mit Vorliebe die heuchlerischen Moralvorstellungen ans Tageslicht brachte, gehörte Isabelle Huppert, mit der er unter anderem den Erfolgsfilm "Eine Frauensache" im Jahr 1988 drehte. Zwei Jahre später folgten die Werke "Stille Tage in Clichy" und "Dr. M". Chabrol war im wahrsten Sinne des Wortes ein Arbeitstier. In den 90er Jahren machte er vor allem mit der Literaturverfilmung "Madame Bovary" und dem Eifersuchtsdrama "Die Hölle" von sich reden.