Der Allianz-Standort im Stuttgarter Westen: Auch er kommt als Platz zum Wohnen ins Visier der Kommunalpolitiker. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der Versicherungskonzern Allianz will mit seinen Gesellschaften und Büros von Stuttgarts Innenstadt an den Rand des Synergieparks Möhringen/Vaihingen. Für die bisherigen Standorte im Stuttgarter Westen und im Bezirk Mitte kommen auch Wohnungen in Spiel.

Stuttgart - Rund 4000 Allianz-Arbeitsplätze in Stuttgart werden in etwa vier Jahren voraussichtlich von den Standorten Urbanstraße/Uhlandstraße im Stadtbezirk Mitte und von der Reinsburgstraße im Stuttgarter Westen in den Außenbezirk Vaihingen verlagert werden. Die Allianz Deutschland AG plant einen zentralen Neubau auf dem Sportgelände des Vereins TSV Georgii Allianz. Ersten Vorgesprächen mit der Stadtverwaltung sollen in Kürze weitere Gespräche zwischen Unternehmensvertretern und den zuständigen Ämtern der Stadt folgen.

„Auf den ersten Blick sieht das alles machbar aus“, sagt Städtebaubürgermeister Peter Pätzold. Standortalternativen gebe es in Stuttgart auch nicht. Das Gelände in Vaihingen gehört der Allianz bereits, und die Stadt will nicht ein weiteres Unternehmen, das für Gewerbesteuerzahlungen gut ist, über die Stadtgrenze entschwinden lassen.

Vermieterin IVG prüft jetzt alle Optionen

Möglicherweise tut sich auch eine Chance für die Innenstadt auf. An beiden Standorten, die die Allianz aufgeben will, kann sich Pätzold statt der bisherigen gewerblichen Nutzung eine Mischnutzung mit Wohnen vorstellen – allerdings vorbehaltlich einer genaueren Prüfung. Wohnungen gelten in der Immobilienszene zurzeit als sehr gut vermarktbar. Das gibt der Fantasie Nahrung.

„Da kann man sich sehr viel vorstellen“, sagte Jürgen Herres, Sprecher des Bonner Immobilienriesen IVG, der die Liegenschaften in der Reinsburgstraße und hinter dem Wilhelmspalais in der Stadtmitte an die Allianz vermietet hat. 2020 werden die Mietverträge auslaufen, wenn die Allianz sie erwartungsgemäß nicht mehr verlängert, sagt Herres. Die IVG werde jetzt sehr zügig „alle Optionen und Szenarien“ prüfen und „zeitnah“ das Gespräch mit der Stadtverwaltung suchen. Denkverbote wolle man sich bei der IVG nicht auferlegen, sagt Herres. Die Lage der Gebäude und die aktuelle Marktsituation ließen alles zu, auch das, was man in der Immobilienbranche und im Städtebau unter den Schlagworten Urbanisierung, Quartierbildung und Mischnutzung diskutiere.

Selbst Abriss wird nicht ausgeschlossen

Könnte dazu auch die Öffnung des Gebäudekomplexes an der Urbanstraße im Erdgeschoss gehören? Bisher sorgt an dieser Stelle im Wesentlichen nur das Restaurant La Piazza für eine Belebung des öffentlichen Raumes. Das Allianzgebäude ist im Erdgeschoss abgeschottet. Weitere Lokale oder auch Läden könnten da Wunder bewirken – zusammen mit dem neuen Stadtmuseum, das 2018 möglicherweise zahlreiche Besucher anziehen wird. Eine Öffnung im Erdgeschoss und die Sanierung der Etagen darüber könnte eines der Szenarien sein, sagt Herres.

Selbst ein Abriss und Ersatzbauten für die Allianzgebäude wären nicht ausgeschlossen, wenn man die IVG-Botschaft ernst nehmen wollte, dass es „keine Denkverbote“ geben soll. Ein Abriss würde besonders an der Reinsburgstraße eine Art von Sündenfall beseitigen, der jahrzehntelang beklagt wurde. Das dortige Hochhaus, der allererste Stammsitz der Firma Allianz Leben, gilt längst als städtebaulicher Fehlgriff an der Karlshöhe, die als Frischluftproduzentin für die Innenstadt bedeutsam ist.

Erweiterungspläne vor Jahren aufgegeben

2004 dachte die Allianz sogar an eine bauliche Ergänzung dieses Standortes. Die Stadtverwaltung drängte damals auf einen langgestreckten, weniger hohen Neubau. Aber auch dies stieß beim Bezirksbeirat West und bei den Grünen im Gemeinderat auf Bedenken. Die Grünen-Stadträte ernteten mit ihrer Forderung, der Allianz einen alternativen Bauplatz am Stadtrand anzubieten, aber Kritik. Damit seien sie auf dem Holzweg, meinte die SPD damals. Jetzt will die Allianz von der Reinsburgstraße selbst und komplett an die Peripherie ziehen.

An der Reinsburgstraße und der Urbanstraße seien jeweils ungefähr 2000 Mitarbeiter tätig, sagt Anna Sleegers, eine Pressesprecherin von Allianz Deutschland. Sie alle sollen künftig im Gebiet Schwarzbach tätig werden, unweit des Vaihinger Bahnhofs, wenn die Pläne vorankommen. Aber noch sei man in einem sehr frühen Stadium des Prozesses, sagt Sleegers. Man könne und wolle den Entscheidungen der zuständigen Behörden nicht vorgreifen. Im Unternehmen selbst halte man das Vorhaben für die beste Lösung sowohl für die Mitarbeiter als auch für den Standort Stuttgart.

Betriebssport soll weiter möglich sein

Es gehe da um den Sitz der Allianz Lebensversicherungs-AG und bei 4000 Mitarbeitern auch um den zweitgrößten Standort der Allianz in Deutschland. Das solle auch das Gebäude widerspiegeln, das höchsten ökologischen Standards entsprechen solle. Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sei hervorragend. Die Möglichkeit zum Betriebssport wolle man trotz Überbauung bisheriger Sportflächen wahren.

Ehe es zum Baustart kommen kann, werden Änderungen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans für diesen Bereich erforderlich, sagt Bürgermeister Pätzold. Am 22. März will er dem Umwelt- und Technik-Ausschuss über das Projekt berichten.