Das Magazin „Billboard“ nannte den Musiker R. Kelly 2015 in einem Ranking nicht weit hinter Michael Jackson, Stevie Wonder und Prince. Foto: AP

In der Filmbranche stürzte Harvey Weinstein, im Entertainment Bill Cosby. Doch in der Musikindustrie der USA steht der große #metoo-Moment noch aus. Nun könnte R. Kelly der erste hochkarätige Sänger werden, den alte Vorwürfe einholen.

Chicago - 50 Millionen verkaufte Alben, drei Grammys und Auszeichnungen als erfolgreichster R&B-Künstler der vergangenen 25 Jahre: Geht es nach seinen musikalischen Leistungen, ist der Sänger R. Kelly ein Koloss. Hits wie „Bump N’ Grind“ oder „I Believe I Can Fly“ können viele Menschen mitsingen. Das Magazin „Billboard“ nannte ihn 2015 in einem Ranking nicht weit hinter Michael Jackson, Stevie Wonder und Prince.

Die Serie beim Sender Lifetime ist eine Anklage gegen Robert Sylvester Kelly

Aber der Koloss wankt. Mit der Doku-Serie „Surviving R. Kelly“ haben teils seit Jahrzehnten bekannte Missbrauchsvorwürfe gegen ihn an Schlagkraft gewonnen. Zahlreiche Frauen werfen dem 51-Jährigen darin vor, sie sexuell oder emotional missbraucht zu haben, teils schon im Teenager-Alter. Angst, Ekel und Scham stehen den teils weinenden Frauen in der Sendung ins Gesicht geschrieben. Die Serie beim Sender Lifetime ist eine Anklage gegen Robert Sylvester Kelly, gebündelt und verpackt in sechs Folgen für das amerikanische Abendfernsehen.

Hat er eine Vorliebe für sehr junge Frauen?

Ist dies der Anfang vom Ende für R. Kelly? Wird er zum ersten namhaften Musiker in den USA, den die #metoo-Bewegung zu Fall bringt? Staatsanwälte in Chicago und Atlanta befassen sich nun mit den Vorwürfen. Kelly hat diese mehrfach entschieden abgestritten und wirft seinen Kritikern eine Rufmord-Kampagne vor. 25 Jahre reichen die Anschuldigungen, Skandale und Gerichtsverfahren zurück. Sie beginnen 1994 mit Kellys fragwürdiger Ehe mit der damals 15 Jahre alten Sängerin Aaliyah (die Ehe wurde annulliert). Ein Jahr später soll er eine Beziehung mit der damals 17 Jahre alten Lizzette Martinez begonnen haben. Kelly habe damals kontrolliert, wie sie sich kleidet, wie sie spricht und mit wem sie befreundet ist, sagte Martinez der Website „Buzzfeed“ vergangenen Mai.

Bei der Urteilsverkündung bricht Kelly in Tränen aus

Ende der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre folgen der Website „Vox“ zufolge mindestens vier Gerichtsverfahren wegen Sex mit verschiedenen jugendlichen Mädchen (sie werden außergerichtlich beigelegt). Zudem tauchen zwei Videos auf, die Kelly beim Sex mit sehr jungen Frauen zeigen sollen. Aber in einem Prozess wegen Kinderpornografie wird er 2008 für nicht schuldig befunden. Bei Verlesung des Urteils – ein Freispruch in 14 Anklagepunkten – bricht Kelly in Tränen aus.