Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in Korntal stockt. Foto: dpa

Die Kritik an ihrer Person war zuletzt zu massiv. Nun wirft die Landshuter Wissenschaftlerin hin. Sie sieht im Aufarbeitungsprozess keine Chance zum Dialog.

Korntal-Münchingen - Ist es ein Schrecken mit Ende oder ein Ende ohne Schrecken? Die ehemaligen Heimkinder sind mit der Ankündigung der Landshuter Wissenschaftlerin Mechthild Wolff zufrieden, sich aus dem Aufarbeitungsprozess um den Missbrauchsskandal in den Kinderheimen der evangelischen Brüdergemeinde Korntal zurückzuziehen. Diese hingegen nahm die Entscheidung „mit großer Enttäuschung“ zu Kenntnis. Eine große Chance sei vorerst vertan, die Geschehnisse in den Heimen unabhängig aufzuklären, teilt die Brüdergemeinde mit.

Das Schreiben von Wolff und ihrem wissenschaftlichen Team an die ehemaligen Korntaler Heimkinder und die Vertreter der Brüdergemeinde ist unmissverständlich. „Die Auseinandersetzung darum, ob nun ‚Weber’ oder ‚Wolff und Co’ seitens der Brüdergemeinde beauftragt werden, führt zur Verlängerung des aktuellen Stillstands. Wir ziehen uns daher zurück“. Wolff hatte ihre letzte Hoffnung in eine persönliche Aussprache gesetzt, um den Dialog wieder aufzunehmen. „Doch das Gesprächsangebot wurde mit Ablehnung beantwortet. Ein Dialog ist deshalb leider nicht mehr möglich. Das muss man respektieren.“

Opfergruppierungen zufrieden

Erwartungsgemäß anders als die Brüdergemeinde reagiert Detlev Zander vom Netzwerk Betroffenenforum. Zander hatte die Fälle von physischer und psychischer Gewalt öffentlich gemacht und zuletzt eine Person gefordert, die wie Ulrich Weber – der Regensburger Anwalt klärt den Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen auf – zunächst ausschließlich das Ausmaß der Vorfälle untersucht. „Ich bin erleichtert, dass es so gekommen ist“, sagt er. Er und seine Mitstreiter hatten Wolff zuletzt das Vertrauen entzogen. Zu viel sei in der Vergangenheit ohne Zanders Gruppe entschieden worden. Doch „wir haben dazugelernt.“ Die Entwicklung könne man als Erfolg sehen, bekräftige sie doch das Mitspracherecht, das den Betroffenen eingeräumt werden müsse. Zander will das von Wolff vorgeschlagene Konzept nicht in Bausch und Bogen ablehnen. „Die Historie muss beleuchtet werden. Aber später.“ Zunächst müsse das Ausmaß der Vorfälle auf den Tisch.

Auch die Arbeitsgemeinschaft Heimopfer Korntal ist zufrieden „Wir halten Frau Wolff nicht für die richtige Person,“ weil sie eher zur Brüdergemeinde tendiert habe, als zu den Betroffenen, bilanziert Hans-Jürgen Wollschlaeger von der AG Heimopfer. Er fordert nun „so schnell wie möglich“, einen Termin mit der Brüdergemeinde und dem Netzwerk Betroffenenforum. Wenngleich die Opfergruppen zerstritten seien, müsse man den Dialog suchen. „Wir haben doch dasselbe Ziel“, sagt er.