Ein Opfer betrachtet Fotos aus der Zeit in einem der Korntaler Kinderheime. Foto: dpa

Das Thema ist emotional aufgeladen, die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals schwierig. Doch das Verfahren gerät zur Farce.

Korntal-Münchingen - Wenn es stimmt, was die beiden geschassten Heimopfer erzählen, mutiert die gesamte Aufarbeitung zu einer Farce. Demnach sollen die Betroffenen zwar für die Aufarbeitung weiterarbeiten dürfen, aber kein Stimmrecht mehr haben in der dafür eingerichteten Projektgruppe.

Faktischer Ausschluss

Gewiss, mit ihrem Ausschluss wären weiterhin vier Betroffene in der Projektgruppe. Das ist noch immer viel. Schließlich gehören ihr mit den beiden Moderatoren nur neun Personen an. Mit dem faktischen Ausschluss der beiden Heimopfer sind aber just jene Betroffenen außen vor, die sich von Beginn an für eine Aufklärung der Vorfälle in den Heimen der Brüdergemeinde eingesetzt haben. Ihr Ausschluss macht eine wahrhaftige Aufarbeitung, die dauerhaft befriedet, fast unmöglich.

Außenstehende können unmöglich darüber urteilen, wie klein oder wie groß das Leid ist, das die ehemaligen Heimkinder in den Einrichtungen der pietistischen Gemeinde erlitten haben, ob sie „richtige Opfer“ sind, wie es die Betroffenen selbst formulieren – oder Opfer, die nur kurze Zeit im Heim gewesen sind. Aber auch Laien können wahrnehmen, ob die Opfer in der Projektgruppe Rückhalt unter ihresgleichen haben oder nicht. Die beiden Geschassten hatten diesen Rückhalt – gerade weil sie die Aufarbeitung kritisierten. Sind sie nicht mehr dabei, dürfte es unmöglich werden, ein Ergebnis auszuhandeln, das von allen Opfern angenommen wird.

Die Opfer stehen im Fokus

Wie es weitergeht, ist offen. Aber klar ist, dass es nur weitergehen kann, wenn allen Beteiligten klar ist, wer im Fokus der Aufarbeitung steht: die Opfer!