Der Stiefvater gesteht vor dem Landgericht in Freiburg die Tat, aber ohne Mitgefühl zu zeigen (Archivfoto). Foto: dpa

Geständnis ohne Mitgefühl: Der Hauptverdächtige im Freiburger Missbrauchsfall erzählt, wie er den kleinen Jungen seiner Lebensgefährtin von Fremden jahrelang sexuell missbrauchen ließ. Es ging, sagt er, um sexuelle Fantasien - und um Geld.

Freiburg - Der Mann, der im Zentrum des Freiburger Missbrauchsfalls steht, betritt mit einem Lächeln im Gesicht den Gerichtssaal. „Ich bin der Haupttäter in der ganzen Geschichte“, sagt der 39-Jährige – und räumt wenig später alle Vorwürfe ein. Erstmals nennt er nähere Details sowie sein Motiv. Er soll laut Anklage den heute neun Jahre alten Sohn seiner Lebensgefährtin mehr als zwei Jahre lang im Internet angeboten, Männern zum Vergewaltigen überlassen und dafür Geld kassiert haben. Gehandelt haben soll er gemeinsam mit der Mutter des Kindes.

An diesem Montag im Freiburger Landgericht ist der Mann zunächst Zeuge. Einer seiner sogenannten Kunden ist angeklagt, ein heute 50 Jahre alter Soldat der Bundeswehr. Der Prozess gegen den Stiefvater - und auch die Mutter des Kindes - beginnt am 11. Juni. Dann sind die beiden Deutschen nicht mehr Zeugen, sondern selbst Angeklagte.

Der Fall, in dem die Mutter des Kindes und deren Lebensgefährte die Hauptbeschuldigten sind, hatte Ermittlern wegen der Vielzahl der Vergehen sowie der großen Brutalität an ihre Grenzen gebracht, wie sie vor Gericht betonen. Insgesamt gibt es acht Tatverdächtige aus dem In- und Ausland. Jeder ist einzeln angeklagt.

Auch der Junge soll ein Teil des Geldes erhalten haben

Der 39-Jährige, der wie alle Verdächtigen in Untersuchungshaft sitzt, vermittelt ein anderes Bild. Er beschreibt den vielfachen schweren sexuellen Missbrauch und die ihm vorgeworfene Zwangsprostitution eines Kindes nüchtern und als wirtschaftlich interessantes Geschäftsmodell. Seine Motive seien finanzieller und sexueller Natur gewesen. Er habe damit Geld verdient, gleichzeitig habe er seine pädophile Neigung ausleben können.

Fesseln und andere Gewalttaten seien sein besonderes Interesse, sagt er. Ums Geld habe er vor den Taten mit den Männern „gefeilscht“. Meist seien wenige Hundert Euro für mehrere Vergewaltigungen gezahlt worden, in einem Fall seien es mehrere Tausend Euro gewesen. Der Großteil des Geldes ging an ihn und die Mutter. Doch auch der Junge habe Geld erhalten. „Es war immer so angedacht, dass der Junge definitiv auch was davon haben soll.“

Worte des Mitgefühls fehlen

Bereits in einem ersten Prozess vor einem Monat war der wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestrafte Mann als Zeuge aufgetreten, nun ist er zum zweite mal da. Er könne die Aussage verweigern, wie der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin zu Beginn erläutert.

Doch der Mann möchte aussagen. Er will, so sagt er, dass alle Täter im Gefängnis sitzen – so wie er. Reue lässt der Mann nicht erkennen, Worte des Mitgefühls fehlen. „Er hat den Missbrauch vollzogen“, sagt er über einen der mutmaßlichen Täter. Oder er beschreibt das Opfer als unruhiges Kind: Bei dem sexuellen Missbrauch habe das Kind nicht stillhalten können. Deshalb habe er Handschellen, Fesseln oder Knebel nutzen müssen, um Widerstand zu brechen.

Mehrere der Verdächtigen sind einschlägig vorbestraft

Taten seien gefilmt, die Filme an andere weitergeleitet worden. Das Töten des Jungen, wie es einer der Verdächtigen wünschte, sei für ihn tabu gewesen.

Auch die Mutter habe sexuelle Motive gehabt, sagt der Mann. Er jedoch habe sie angeleitet. „Sie war mir hörig. Das habe ich teilweise ausgenutzt.“ Und weiter: „Sie hatte starke Gefühle für mich, sie wollte mich nicht verlieren.“ Deshalb habe sie ihr Kind seinen Peinigern überlassen und ihn auch selbst missbraucht.

Die Mutter des Jungen sollte ebenfalls aussagen. Doch sie machte von ihrem Recht Gebrauch, zu schweigen, sagt Richter Bürgelin. Mehrere der Verdächtigen sind einschlägig vorbestraft, sagt Staatsanwältin Nikola Novak. Sie spricht von „sadistischen Verbrechen“. Der Junge sei beschimpft und gedemütigt worden: „Die Rechte des betroffenen Kindes wurden bewusst mit Füßen getreten.“

Die Staatsanwaltschaft will erreichen, dass die Täter lange Haftstrafen erhalten sowie anschließende Sicherungsverwahrung. Die Allgemeinheit müsse vor ihnen geschützt werden, sagt die Staatsanwältin. Ziel müsse sein, Kinder zu schützen.

Der Prozess gegen den Soldaten wird fortgesetzt (Az.: 6 KLs 160 Js 33561/17). Weitere Prozesse folgen Justizangaben zufolge in den kommenden Wochen und Monaten.