Der Angeklagte hat zugegeben, dass er Druck auf die Mutter des misshandelten Jungen ausgeübt habe. Foto: dpa

Tag zwei im Hauptprozess um den jahrelangen Missbrauch eines Kindes in Staufen bei Freiburg: Der Lebensgefährte der Mutter sagt aus. Er habe die Frau unter Druck gesetzt, ihr gedroht und sich an dem Kind vergangen. Das Motiv der Frau bleibt ein Rätsel - zumindest vorerst.

Freiburg - Im Hauptprozess um den jahrelangen Missbrauch eines Kindes in Staufen bei Freiburg hat der Angeklagte Drohungen gegenüber der Mutter des Jungen eingeräumt. „Ich habe Druck ausgeübt“, sagte der 39 Jahre alte langjährige Lebensgefährte der Frau am Montag vor dem Landgericht Freiburg. So habe er erreicht, dass die Mutter des heute neun Jahre alten Jungen mit den Verbrechen einverstanden gewesen sei und sich selbst aktiv beteiligt habe. Er habe der Frau gedroht, sie zu verlassen und das Jugendamt zu informieren. Die heute 48-Jährige habe von allen Misshandlungen gewusst und sie unterstützt.

Der Frau und ihrem wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraften Lebensgefährten wird vorgeworfen, das Kind mehr als zwei Jahre lang im Darknet angeboten und Männern gegen Geld für Vergewaltigungen überlassen zu haben. Zudem sollen sie das in Staufen lebende Kind auch selbst mehrfach sexuell missbraucht haben (Az.: 6 KLs 160 Js 30250/17). Auch sollen sie ein drei Jahre altes Mädchen gemeinsam sexuell missbraucht haben. Die Taten wurden laut Anklage gefilmt.

Frage nach dem Motiv bleibt unbeantwortet

Die Mutter hat bislang geschwiegen. Nach Angaben ihres Anwalts Matthias Wagner will sie sich im Laufe des Prozesses unter Ausschluss der Öffentlichkeit äußern. Die Frage nach dem Motiv der Frau sei heute unbeantwortet, sagte Rechtsanwältin Katja Ravat, die das Missbrauchsopfer vor Gericht als Vertreterin der Nebenklage vertritt. Der Junge lebt inzwischen bei einer Pflegfamilie.

In dem Fall gibt es insgesamt acht Tatverdächtige. Die Mutter und ihr Lebensgefährte, beides Deutsche, gelten den Angaben zufolge als Hauptbeschuldigte. Ein Urteil wird es Gerichtsangaben zufolge frühestens Mitte Juli geben.

Er habe mit der Frau und dem Kind gelebt „wie eine Familie“, sagte der Lebensgefährte: Für ihn sei es „bequem“ gewesen, sich von der Frau „bedienen zu lassen“. Die Mutter sei mit ihrem Leben und dem Jungen „überfordert“ gewesen. Er habe dies genutzt und sich an dem Jungen vergangen. Die Frau habe bei den Verbrechen mitgewirkt. „Das Gefühl, dass sie ihn liebt, hat die Mutter dem Jungen nie gegeben“, sagte der Mann. Sie habe sich nicht gut um ihn gekümmert.

15 Jahre Haft drohen den Angeklagten

Die Anklage geht davon aus, dass beide Angeklagten gleichermaßen an Misshandlungen und der Zwangsprostitution des Jungen beteiligt waren, sagte Staatsanwältin Nikola Novak. Beiden drohten bis zu 15 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung. Das Paar habe für Vergewaltigungen von Männern Geld kassiert. Die Mutter habe den Jungen vorbereitet, sich an ihm vergangen, habe gefilmt und sei bei den meisten Taten der Männer dabei gewesen - oder habe sich in der Nähe aufgehalten.

Das Paar hatte sich den Angaben zufolge an der örtlichen Tafel, einem Lebensmittelversorger für Bedürftige getroffen. Neben einem sexuellen Interesse habe es ein finanzielles Motiv gegeben, sagte der Hauptangeklagte. Mit dem Geld, das Männern für Vergewaltigungen zahlten, „haben wir unseren Lebensunterhalt bestritten.“ Dies sei auch dem Jungen gegenüber deutlich gemacht worden, damit dieser sich nicht wehre oder sich weigere.

Die Filmaufnahmen dienen nun als Beweis. „Es sind heftige Filme“, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin. Gezeigt würden sie im Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit.