Rechtsanwalt Ulrich Weber zieht sich aus der Aufklärung der Missbrauchsfälle in Korntal zurück. Foto: dpa

Monatelang haben die evangelische Brüdergemeinde Korntal und Opfervertreter um eine gemeinsame Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe gerungen. Nun erklärt Rechtsanwalt Ulrich Weber dafür seinen Rückzug.

Stuttgart - Der Rechtsanwalt Ulrich Weber wollte die Missbrauchsfälle der evangelischen Brüdergemeinde in Korntal (Kreis Ludwigsburg) aufarbeiten - jetzt hat er seine Bereitschaft jedoch zurückgezogen. Er stehe für die Aufgabe nicht mehr zur Verfügung, teilte er mit. Opfervertreter reagierten auf den Rückzug bestürzt. „Wir bedauern es zutiefst, dass Herr Weber für uns nicht mehr zur Verfügung steht“, teilte der Sprecher des Netzwerks Betroffenenforum, Detlev Zander, mit.

Eigentlich hätte Weber vor wenigen Tagen offiziell als Aufklärer beauftragt werden sollen. Die Mediatoren, die Brüdergemeinde und Opfervertreter bis zu einer Beauftragung begleiten sollten, stoppten das Verfahren vorerst. Als Grund wurde ein Medienbericht angegeben, demzufolge der Anwalt in eine Korruptionsaffäre verwickelt sein könnte. Weber selbst weist das zurück.

„Es geht um Opfer“

Er kritisierte unter anderem, dass Brüdergemeinde und die Mediatoren nicht mit maximaler Offenheit agiert hätten. Außerdem fürchte er, nicht unabhängig arbeiten zu können. „Eine explizit von mir geforderte Erklärung, dass die Brüdergemeinde von einem Einflussrecht auf meine Veröffentlichungen im Aufklärungsprozess Abstand nimmt, ist bisher nicht erfolgt“, teilte Weber mit.

Opfervertreter Zander zeigte am Montag Verständnis für die Argumentation Webers und kritisierte die Brüdergemeinde dafür, dass sie Einfluss auf einen Aufklärer nehmen wolle. Die Opfergruppen planen laut Zander eine Krisensitzung, zu der sie den Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs einladen wollen. „Was in dem ganzen Streit immer wieder vergessen wird: Es geht um Opfer“, sagte Zander.

Die Wahl des Aufklärers sollte das monatelange Ringen zwischen Opfervertretern und Brüdergemeinde um die Rahmenbedingungen der Aufarbeitung beenden. Ehemalige Heimkinder werfen der Gemeinde vor, in den 1950er- bis 1980er-Jahren sexuell missbraucht, misshandelt und gedemütigt worden zu sein.