Mit vernetzten Sammeltaxis will der Autobauer anderen Herstellern und dem US-Anbieter Uber Paroli bieten. Die Fahrangebote sollen billiger als Taxis und flexibler als Linienbusse sein.
Stuttgart - Daimler will mit seiner Tochter Mercedes-Benz Vans in Europa ein Netz von Mitfahrangeboten aufbauen. Der Stuttgarter Autobauer investiert dafür 50 Millionen US-Dollar (42 Millionen Euro) in ein Joint Venture mit dem US-Start-up Via, das sich auf das so genannte „Ride-Sharing“ fokussiert. Dabei teilen sich mehrere Personen mit einem ähnlichen Ziel einen Wagen. Via bietet den Service derzeit in einigen amerikanischen Großstädten an.
„Via gehört zu den erfolgreichsten Anbietern im Bereich der Mitfahrangebote“, sagte der Chef von Mercedes-Benz Vans, Volker Mornhinweg, am Montag. Dafür wolle man die eigenen Transporter technisch weiterentwickeln. Das Joint Venture soll künftig als eigenständige Einheit von Am-sterdam aus operieren. Außerdem steige Daimler mit seinen Mobilitätsdiensten als strategischer Partner ein.
Via bietet in den amerikanischen Städten Passagieren eine Mischung aus Taxi und Bus an: Die Fahrgäste senden mit Hilfe einer App ihren Standort und ihr Fahrtziel und werden dann an einer Kreuzung in der Nähe ihres Standorts von einem Kleinbus abgeholt. Das System sucht dafür das nächstgelegene Fahrzeug und passt gegebenenfalls dessen Fahrtstrecke an. Dabei werden jene Fahrgäste abgeholt und wieder abgesetzt, die sich auf einer ähnlichen Route befinden. Die Festpreise liegen zwischen den Kosten eines U-Bahntickets und einer Taxifahrt, heißt es. Die durchschnittliche Wartezeit betrage fünf Minuten. Via hat nach eigenen Angaben seit der Gründung vor vier Jahren rund 20 Millionen Fahrten durchgeführt, vor allem in New York, Chicago und Orange County.
Kommt das Mitfahrangebot auch in Stuttgart?
Das Joint Venture will in den europäischen Metropolen eigene Mitfahrangebote aufbauen. Eines davon soll noch in diesem Jahr in London starten. Außerdem biete man das Via-Betriebssystem Transportdienstleistern und Betreibern des öffentlichen Personenverkehrs als Lizenz an. Mit Tausenden virtuellen Haltestellen könnte der Verkehr reduziert werden, ohne dass Städte viel Geld für die Infrastruktur ausgeben müssten, betonte Mornhinweg. Ob es Gespräche mit der Stadt Stuttgart oder anderen Kommunen der Region gibt, sagte er nicht. Bei den möglichen Kooperationen sei man flexibel: „Stuttgart könnte das selbst machen oder die Autos verleihen. Das kommt auf den Bedarf an“, so Mornhinweg. „Der Partner wählt, welches Set-up für ihn passt.“
Daimlers Transportersparte will die Wagen für den Mitfahrdienst technisch mit Software und Sensoren aufrüsten. Langfristig wolle man zusammen mit Via auch Elektrofahrzeuge und autonome Wagen einsetzen. Mit der Kooperation baue man auch das Angebot an Mobilitätsdiensten aus, betonte Mornhinweg. Daimler ist auch am Fernbusanbieter Flixbus und dem Chauffeurservice Blacklane beteiligt. Der Stuttgarter Autobauer bietet mit dem Carsharing-Dienst Car2go und der Taxi-Buchungsplattform Mytaxi auch eigene Dienste an, die in der Mobilitätsplattform Moovel mit Angeboten des öffentlichen Nahverkehrs und der Deutschen Bahn gebündelt werden. Das neue Mitfahrangebot soll Teil dieser Plattform werden.
Auch andere Autobauer entwickeln neue Mobilitätskonzepte
Auch andere Fahrzeughersteller entwickeln sich von Autobauern zu Anbietern ganzheitlicher Mobilitätslösungen. So hat Volkswagen 2016 die Mobilitäts-Marke Moia gegründet. Der Wolfsburger Konzern will künftig in Großstädten Shuttle-Dienste mit elektrischen Kleinbussen anbieten, die ebenfalls via Smartphone buchbar sind und dabei mit den Kommunen kooperieren. BMW bietet unter anderem mit Drive Now Carsharing und eine Mietautoflotte an. Damit reagieren die deutschen Autobauer auf den Siegeszug von Mitfahrdiensten wie Uber und Lyft, die ohne eine eigene Autoflotte auskommen.
Autoexperten halten diesen Schritt für dringend notwendig. „Die Herausforderung ist dabei allerdings, die Fahrzeugflotten auszubuchen. Fahrzeuge, die stehen bzw. nicht von Kunden gebucht sind, sind teuer. Uber etwa verschiebt als reiner Vermittler dieses Risiko zu den Privatpersonen“, sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Damit Autobauer wie Daimler gegenüber Uber bestehen könnten, müssten sie möglichst viele Kunden für ihre Plattformen gewinnen. „Das ist wie bei Google. Es gibt eine dominierende Suchmaschine und der Rest ist eher unbekannt. Das muss Daimler mit Kooperationen mit anderen Partnern und Autobauern schaffen“, so Dudenhöffer.