Zu Gast in Stuttgart: der Cellist Mischa Maisky Foto: Archiv/promo

In Zeiten des Krieges wichtiger denn je: so empfindet der Cellist Mischa Maisky die Künste. Nun kommt er zum Konzert nach Stuttgart.

Er zählt zu den bekanntesten und besten Cellisten der Welt: Mischa Maisky (75). Nun ist er auch in der Stuttgarter Liederhalle wieder zu Gast – für ihn in diesen Zeiten alles andere als Routine.

Herr Maisky, Sie sind auf den großen Konzertbühnen dieser Welt unterwegs. Vielerorts zögert das Publikum nach der Corona-Pandemie noch mit der Rückkehr in die Säle. Wie erlebt man das als Künstler?

Ja, in den drei Coronajahren hat sich vieles geändert, das allermeiste nicht positiv. Dazu kommt nun auch noch der Krieg in Europa, kommen viele zerrissene Kontakte zu Künstlern und Veranstaltungen in Russland. Aber ich nutze alle Möglichkeiten zum Auftritt, die ich habe. Und der neue, wieder frische und direkte Kontakt zum Publikum und dessen Resonanz sind wundervoll.

Viele Menschen fühlen sich gerade bedrängt von den politischen Krisen. Was kann da die Musik? Hat sie eine eigene Botschaft?

Jede Musik, jede große Kunst kann Menschen in solchen Zeiten helfen. Ich habe es doch im eigenen Leben erfahren: Ich war vor meiner Emigration 1972 aus der kommunistischen Sowjetunion erst im Gefängnis, dann im Arbeitslager, dann in der Psychiatrie. Die Musik hat mir stets geholfen. Ich wusste, sie können mir die Freiheit nehmen, sie können mir das Cello nehmen. Aber die Musik in meinem Kopf, die können sie mir nicht nehmen. Ich glaube, jede Schönheit in der Musik, in der Kunst, in der Natur kann dem Menschen helfen, seine gute Seite zu bewahren.

In Stuttgart werden Sie Kompositionen von Tschaikowsky und Max Bruch spielen. Hat der Abend einen roten Faden?

Natürlich. Aber viel wichtiger ist: Ich spiele stets die Musik, die ich selbst gerade am meisten liebe. Wenn Sie nicht nur den Verstand und das Gefühl des Hörers erreichen wollen, sondern sein Herz, dann muss die Musik aus ihrem eigenen Herzen kommen. Wenn das gelingt, macht es den Unterschied aus zwischen einem vielleicht sehr guten Musiker und einem Künstler.

Wird es in dreißig, vierzig Jahren noch einen internationalen Konzertbetrieb geben wie heute?

Natürlich ändert sich vieles gerade rasant, vor allem auf dem Musikmarkt und in der Technik. Aber ich glaube nicht, dass darum das Konzert oder gar die Musik als Kunst sterben wird. Das Internet wächst, und wir alle müssen lernen, es zu unserem Besten zu nutzen. Aber die echte, wirkliche Kunst der Musiker wird immer Bestand haben.

Info

Termin: Faszination Klassik (SKS Russ) mit dem dogma chamber orchestra und Mischa Maisky (Violoncello); Liederhalle, Beethovensaal, Berliner Platz, S-Mitte. 26. April, 20 Uhr