Die Regeln mitten in der Omikron-Welle zu lockern sei unangebracht, so Scholz (Archivbild). Foto: AFP/MICHAEL SOHN

Inmitten der massiven Omikron-Welle ringen Bund und Länder um einen praktikablen Kurs für Tests und das amtliche Krisenmanagement bei enormen Fallzahlen. Bekannte Alltagsauflagen sollen erstmal bleiben.

Berlin - Angesichts immer höherer Infektionszahlen sind vorerst keine generellen Lockerungen von Corona-Auflagen in Sicht. Bei Beratungen von Bund und Ländern am Montag zeichnete sich vielmehr ab, dass die seit Monaten geltenden Zugangsbeschränkungen unter anderem am Arbeitsplatz, in Bussen, Bahnen, Gaststätten und Geschäften bleiben sollen. Zum Umgang mit noch deutlich mehr Infizierten mit der ansteckenderen Virusvariante Omikron sollten zudem praktische Fragen geklärt werden - ein Vorrang bei genaueren PCR-Tests und beim Nachverfolgen von Infektionsketten für sensible Bereiche. Die Union im Bundestag forderte die zügige Einführung eines Impfregisters.

Vor der Runde mit den Ministerpräsidenten hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) betont, es brauche keine Kurskorrektur. „Es ist jedenfalls sicher nicht angebracht, mitten in der Omikron-Welle auf breiter Front die Regeln zu lockern“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Die seit November eingeführten Regeln hätten dazu geführt, dass die Welle Deutschland später erreicht habe als europäische Nachbarn. Er verwies etwa auf die 2G-plus-Regel für Restaurants - also, dass beim Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) auch diese einen negativen Test oder einen Nachweis einer „Booster“-Impfung brauchen (2G plus). In Verkehrsmitteln und Firmen gilt ein 3G-Zugang auch für Getestete.

Weg in die Normalität müsse vorbereitet werden, so Wüst

Vorläufige Papiere für die Bund-Länder-Runde sahen grundsätzlich eine „Fortgeltung der bisherigen Maßnahmen“ vor. Entsprechend äußerten sich der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU) aus Nordrhein-Westfalen, und andere Länderchefs. Wüst plädierte auch dafür, schon einen Weg zurück in die Normalität vorzubereiten. Für die Zeit, wenn sicher sei, dass das Gesundheitssystem durch Omikron nicht überlastet werde und die kritische Infrastruktur stabil bleibe, müsse eine Exit-Strategie vorbereitet werden.

Das Bundesgesundheitsministerium rechtfertigte die Pläne, den Einsatz von PCR-Tests zu konzentrieren. Deutschland habe im internationalen Vergleich eine sehr gute Ausstattung im Laborbereich, ein Ausbau der Testkapazitäten finde laufend statt. „Aber bei den zu erwartenden Fallzahlen wird es natürlich so sein, dass die Ressourcen da endlich sind“, sagte ein Sprecher. Die Details sollen dann „zeitnah“ nach der Bund-Länder-Runde in einer Verordnung festgelegt werden.

PCR-Tests sollen gezielter eingesetzt werden

Künftig sollen PCR-Tests voraussichtlich vorrangig bei Menschen aus Corona-Risikogruppen und Beschäftigten eingesetzt werden, die diese betreuen und behandeln. Ab wann das gelten soll und wie es konkret ausgestaltet wird, war zunächst offen. Nach aktuell geltender Testverordnung hat unter anderem noch jeder mit einem positiven Schnelltest - auch Selbsttest - Anspruch auf eine PCR-Nachtestung.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger mahnte generell mehr Planbarkeit und umsetzbare Vorgaben für Betriebe und Beschäftigte an. „Von heute auf morgen die Voraussetzungen für den Zugang zum Arbeitsplatz zu ändern, ist das Gegenteil von Plan- und Machbarkeit“, sagte er mit Blick auf die Verkürzung des Genensenenstatus von sechs auf drei Monate. PCR-Priorisierung bedeute nichts anderes, als dass viele bald keinen Zugang mehr dazu hätten. Das trage nicht zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bei. Nicht akzeptabel sei auch eine teils bereits bestehende „Kapitulation“ der Gesundheitsämter in Sachen Isolation und Quarantäne. Vielfach würden schon keine Bescheide mehr ausgestellt, die aber Grundlage für Verdienstausfall-Entschädigungen seien.

Union fordert Impfregister

In der Debatte um ein weiteres Ankurbeln der Impfungen forderte die Union die Einführung eines Impfregisters. Damit könne man dann auch niedrigschwellige Impfangebote ausbauen, sagte Fraktionsvize Sepp Müller (CDU) - etwa durch direkte Anschreiben oder verpflichtende Beratungsgespräche für Menschen aus Risikogruppen. Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) erläuterte, dass ein Register auch für die Kontrollierbarkeit einer möglichen Impfpflicht wichtig wäre.

Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert Koch-Institut (RKI) auf den nächsten Höchstwert von 840,3 - nach 806,8 gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag und 528,2 vor einer Woche. Die Gesundheitsämter meldeten 63 393 nun neue Fälle an einem Tages. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten stieg erneut leicht. Laut Tagesreport des Divi-Registers waren am Montag 2438 Menschen in intensivmedizinischer Behandlung - zwölf mehr als am Vortag. Zum Höhepunkt der vierten Welle im Dezember waren es rund 5000 gewesen. Dann sank die Zahl lange Zeit kontinuierlich.

Auf den Intensivstationen gibt es bislang keine Trendumkehr

„Eine Trendumkehr sehen wir im Moment auf den Normalstationen, aber noch nicht auf Intensivstation“, teilte der Leiter des Registers, Christian Karagiannidis, auf dpa-Anfrage mit. Sonntags würden wenige Patienten von Intensivstation wegverlegt. „Ich würde dies nicht überbewerten.“ Die Woche werde zeigen, wo der Trend hingeht.