Winfried Kretschmann wird am Mittwoch (17. Mai) 75 Jahre alt. Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen/IMAGO/Chris Emil Janssen

Ministerpräsident wird 75 Jahre alt. Ist er zu alt, um zu regieren, oder jung geblieben? Das sagen Jungpolitiker über ihn.

Wenn Winfried Kretschmann auf sein Alter angesprochen wird, verweist er gern auf ältere Politiker wie den US-Präsidenten Joe Biden. Der war 78 Jahre alt, als er 2021 sein Amt angetreten hat: das Alter, das der grüne Ministerpräsident haben wird, wenn der Grünen-Politiker 2026 in den Ruhestand gehen wird. Er habe vor, wenn seine Kräfte und die Gesundheit es zuließen, diese Legislaturperiode zu regieren, wiederholt Kretschmann mantrahaft, wenn es um Nachfolgedebatten geht. „Man kann auch mit 75 Ministerpräsident sein.“

An diesem Mittwoch erreicht Kretschmann dieses Alter. Doch wie kommt Kretschmann eigentlich bei jungen Menschen an, die politisch aktiv sind?

Die jungen Grünen

Die Grüne Jugend und Kretschmann – das war schon immer ein schwieriges Verhältnis. Die Landes-Co-Sprecherin Aya Krkoutli (22) drückt es so aus: „Politik hat zwar kein Alter, aber Kretschmanns Politikstil ist als junge Person nicht immer nachvollziehbar.“ Sie liegt mit Kretschmann vor allem bei Klima- und Bildungspolitik über Kreuz: Meine Ansprüche an eine generationengerechte Politik sind deutlich höher als die Kretschmanns“, sagt Krkoutli.

Die Co-Parteichefin der Grünen im Land, Lena Schwelling, die mit 31 Jahren zu einer anderen Generation als der Ministerpräsident gehört und schon viele Sträuße mit ihm ausgefochten hat, klingt versöhnlicher: Kretschmanns Politik sei im ursprünglichsten Sinne alt. „Das Wort stammt nämlich aus dem althochdeutschen und bedeutet ‚wachsen‘ und genau das macht Winfried, er lässt Dinge politisch wachsen.“ Schwelling kennt Kretschmann schon seit Jahren. Dennoch überrascht er sie noch, etwa als er sich vor einigen Monaten dafür aussprach, Hausaufgaben abzuschaffen. „Damit rechnet man bei einem Lehrer nun wirklich nicht.“

Manche fühlen sich unverstanden

Andere fühlen sich vom Ministerpräsidenten unverstanden. Der Vorsitzende des Landeschülerbeirats, Berat Gürbüz (20), erinnert sich, wie Kretschmann gesagt hat, dass die Jugendlichen noch viel Zeit zum Nachdenken hätten. „Das hat sich in höchstem Maße negativ angefühlt. So als ob die Interessen junger Menschen nicht zählen würden, es egal wäre, wie sehr sich diese auch engagieren oder auch dass diese kein Recht hätten mitzuentscheiden.“

Einige junge Menschen tragen Kretschmann seine Coronapolitik nach. Die Juso-Landeschefin Lara Herter (28) erinnert sich: Bei einem Treffen mit Studenten der Uni Heidelberg habe der Ministerpräsident gesagt, die Studierenden würden später mit Interesse auf diese Zeit zurückblicken, und es gebe keinen Grund depressiv zu werden. Sie fand das „ziemlich zynisch“.

Inhaltliche Überraschungen

Der 24 Jahre alten FDP-Landtagsabgeordneten Alena Trauschel ist diese Episode ebenfalls noch negativ in Erinnerung. Sie sagt über Kretschmanns Politik: „Ich würde sagen, sie ist weder jünger noch älter als der Ministerpräsident selbst.“ Überrascht hat sie aber, dass Kretschmann ihrem Empfinden nach „beim Thema Elektromobilität eine realistischere Sichtweise an den Tag legt als die meisten seiner grünen Parteifreunde“.

Florian Hummel (25), Landesvorsitzender der Jungen Union, hat nicht mit der strikten Ablehnung des Genderns in öffentlichen Einrichtungen, Behörden und Schulen gerechnet: „Da habe ich mich sehr gefreut, dass er zu 100 Prozent die CDU-Position vertritt.“

Braucht es eine Altersgrenze?

Der Stuttgarter Jugendrat Ruben Schäfauer (18) findet: „Die Politik von Herrn Kretschmann ist vor allem für einen grünen Politiker eher konservativ.“ Trotzdem hält er nichts davon, ältere Menschen von der Politik auszuschließen. „Nein, ich denke, dass es eher eine breitere Durchmischung braucht“, sagt er. Die Co-Sprecherin der Grünen Jugend, Elly Reich (22), will die Frage zumindest diskutiert wissen: „Es stellt sich die Frage, warum es überall Altersgrenzen nach unten, aber keine nach oben gibt.“