Winfried Kretschmann reist mit einer großen Wirtschaftsdelegation in die USA Foto: dpa

Im kalifornischen Silicon Valley schlägt das Herz der digitalen Revolution. Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann will sich dort während einer Reise informieren. Was kann das bringen - für die heimische Wirtschaft, die Grünen und ihn selbst?

Stuttgart - Eine Zeit lang sah es so aus, als wolle Winfried Kretschmann dienstlich nicht mehr in die Ferne reisen, zumal das gute alte Europa doch so nahe liegt: Türkei, Spanien, Österreich – das sollte reichen. Seit zwei Jahren hat der grüne Ministerpräsident seinen Radius jedoch wieder deutlich erweitert: 2013 flog er an der Spitze baden-württembergischer Delegationen nach Südkorea, Japan und Israel. Für dieses Jahr hat er sich zwei Fernreisen vorgenommen: China im Herbst und bereits in der kommenden Woche Kalifornien. Genauer: Silicon Valley, das Tal der Ahnungsvollen.

 

In einer Regierungserklärung zu seinem neuen Lieblingsthema Digitalisierung und Industrie 4.0 im Oktober pries Kretschmann die Heimat von Google, Apple & Co als „einen der Innovationskerne der digitalen Revolution“. Das will sich der Regierungschef jetzt, wie viele vor ihm, aus der Nähe anschauen. Gleichzeitig will er Baden-Württemberg als Anbieter und Markt für die Industrie 4.0 präsentieren. Vier Tage sind dafür von Montag an eingeplant.

Auf dem Programm stehen unter anderem Besuche beim Elektroautohersteller Tesla und beim Softwarekonzern SAP in Palo Alto. Nach Möglichkeit auch bei Google. Ein Besuch der Universität Stanford, einer der renommiertesten weltweit, darf nicht fehlen. In diesem Zusammenhang will sich Kretschmann ein Bild von dem Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und der Gründerkultur im Silicon Valley machen. Außerdem will er sich darüber informieren, was am Lawrence Berkeley National Laboratory, einer staatlichen Großforschungseinrichtung, gemacht und gedacht wird. Eine weitere Besuchsstation ist das Mercedes-Benz-Forschungszentrum für autonomes und vernetztes Fahren.

Daneben beabsichtigt der Regierungschef eigene Akzente zu setzen. In zwei Vorträgen will sich Kretschmann zum einen zur Datensicherheit und zur Problematik des gläsernen Bürgers äußern. Zum anderen geht es um Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften. Mit Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown wird der grüne Ministerpräsident eine Absichtserklärung zum Klimaschutz unterzeichnen.

Dass bei der Kalifornien-Reise nebenbei schöne Bilder abfallen – etwa an der Golden Gate Bridge in San Francisco oder vor einer Wildwest-Kulisse in Sacramento – dürfte Kretschmann zehn Monate vor der Landtagswahl nicht als nachteilig empfinden. Signalisieren sie doch Weite und Weltläufigkeit.

Begleitet wird Kretschmann von einer mehr als 70-köpfigen Delegation aus Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Politik – darunter Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), die das 20-jährige Bestehen des Hochschulprogramms von Baden-Württemberg mit Kalifornien feiert. Drei weitere Kabinettsmitglieder reisen mit: Europaminister Peter Friedrich (SPD), Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und der Staatssekretär im Finanz- und Wirtschaftsministerium Peter Hofelich (SPD). Nicht zu vergessen: die Opposition. Namentlich Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) und FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

Für unsere Redaktion wird Autor JanSellner an der Reise teilnehmen unddarüber berichten.